Freie Presse, 12.05.2001
Berghofer beendet Verwirrspiel in Dresden
Ex-Oberbürgermeister verzichtet auf Kandidatur
DRESDEN. Dresden sei für ihn eine Weltanschauung, hatte Wolfgang Berghofer auf Plakaten verkündet und damit Vermutungen, der letzte SED-Oberbürgermeister Dresdens interessiere sich für ein Comeback, genährt. Monatelang hatte Berghofer, dem als Unternehmensberater in Berlin ein erfolgreicher Neubeginn geglückt war, seine Ambitionen geheim gehalten und damit Verunsicherung und Spott als "Geisterkandidat" produziert. Gestern, vier Tage vor Ende der offiziellen Nominierungsfrist, sagte Berghofer ab. Er begründete den Schritt mit einem Beschluss der PDS, ihn zu unterstützen.
Seine politische Haltung stimme nicht mit dem Programm der PDS überein, sagte Berghofer. Als „Witz" bezeichnete Roland Weckesser, PDS-Fraktionsvorsitzender im Dresdner Stadtrat, diese Erklärung. Denn Berghofer habe auch als unabhängiger Kandidat die Stimmen der PDS-Wähler benötigt und seine Kandidatur von ihrer Unterstützung abhängig gemacht. Berghofers Behauptung, die Kandidatur ernsthaft angestrebt zu haben, hält die PDS heute für unglaubwürdig. Als Kandidat der PDS hätte er im Stadtrat nicht die erforderlichen Mehrheiten erhalten, sagte Berghofer gestern. Gegen ein Comeback des 58-jährigen hatten sich viele einflussreiche Persönlichkeiten der Landeshauptstadt ausgesprochen.
1992 war Berghofer wegen Wahlfälschung zu 36000 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Außerdem hatte er eingeräumt, für die Staatssicherheit der DDR gearbeitet zu haben. „Hätte es die Wende nicht gegeben, wäre diese Stadt heute eine Ruine", bekannte sich Berghofer zur politischen und wirtschaftlichen Neuorientierung und labte zugleich den amtierenden Oberbürgermeister Herbert Wagner.
Für die OB-Wahl am 10. Juni gibt es derzeit nur zwei Kandidaten: Amtsinhaber Wagner (CDU) und Ingolf Roßberg. Den Wuppertaler FDP-Mann unterstützen die Grünen, die SPD und nun auch die PDS.
(hk)