Karl Nolle, MdL

DNN, 25.05.2001

Roßberg draußen vor der Tür

Wahlkampf-Geplänkel prägte letzte Stadtratssitzung vor Oberbürgermeisterkür
 
DRESDEN. Falls Herbert Wagner nicht Oberbürgermeister bleiben sollte, hat seine Gattin, sonst regelmäßig Gast auf der Besuchertribüne, seinen letzten Auftritt im Stadtrat verpasst. Pia Wagner stand am Mittwoch erst dann am Plenarsaal, als drinnen abschließend der Wiener Platz für eine nichtöffentliche Debatte sorgte und alle Besucher ausschloss. Zn diesem Zeitpunkt waren die Wahlkampfspielchen schon vorüber, die eine unaufregende Tagesordnung aufpeppten.

Denn wie Pia Wagner blieb drei Stunden zuvor auch OB-Herausforderer Ingolf Roßberg draußen vor dem Saal, in dem er bis 1999 als Dezernent und Stadtrat saß. PDS und SPD hatten versucht, ihn in einer von der CDU-Fraktion beantragten aktuellen Stunde zur Werbesatzung sprechen zu lassen. Doch die fiel aus: „Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände" zog CDU-Fraktionschef Michael Grötsch den Tagesordnungspunkt zurück. „Umstände" war für Grötsch der Beginn der Musikfestspiele am Abend – der OB und viele Stadträte hatten Karten. Dass die Festspiele am 23. Mai beginnen würden, stand lange fest. Als andere Fraktionen vergangene Woche deswegen eine Vertagung anregten, hatte die Grötsch noch abgelehnt. PDS und SPD hatten den Roßberg-Auftritt darauf kurzfristig abgesprochen. „Da hat irgend einer gequatscht", sagte PDS-Stadträtin Christine Ostrowski. Grünen-Fraktionsprecherin Eva Jähnigen sah einen „Akt politischer Angst". Roßberg sprach von „Feigheit vor dem Feind".

Die PDS-Stadträte Andre Schollbach und Tilo Kießling hatten OB Wagner zuvor einen goldenen Spaten und eine goldene Schere überreicht wegen der derzeit vielen Repräsentationstermine, die der OB außerhalb des Wahlkampfs auch seinen Stellvertretern überlässt. Wagner nahm die Präsente mit einem Lächeln und gab an, er wolle beides noch lange als OB benutzen. Auch CDU-Kreischef Dieter Reinfried verfolgte zum wiederholten Mal eine letzte Stadtratssitzung. „Der will sich seinen neuen Arbeitsplatz angucken", war am Rande zu hören. Reinfried gilt als Wagners Favorit für den Posten des Wirtschaftsdezernenten.

Weil wegen der Musikfestspiele auch Nachtragshaushalt und Schönfeld-Weißig bis nach der Wahl verschoben wurden, blieb an Konfliktthemen nur der Wiener Platz. Dort wird die Stadt voraussichtlich auf einem Minus von 138 Millionen Mark sitzen bleiben (DNN berichteten). Das von OB Wagner vorgelegte neue Konzept sieht unter anderem vor, dass sich die Stadt wieder selbst in die Vermarktung der Baugrube einschaltet.

Die Vermarktungsaufgabe hatte der Stadtrat vor einem Jahr der Hausbank des Projekts übertragen, der Deutschen Pfandbrief- und Hypothekenbank (Depfa). Die aber vermittelte keine Käufer, zum Verdruss von Finanzbürgermeister Hanspeter Stihl (CDU), der sich nach weiteren Partnern umgeschaut haben will. Er legte sich fest, binnen drei Wochen zu sagen, wer künftig mit Stadt und Depfa zusammen arbeiten soll.
(sta)

Karl Nolle im Webseitentest
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