DNN, 18.10.2000
SPD-Basis stellt weiteren Kandidaten für OB-Wahl
Ortsverein Plauen bringt Dr. Reinhard Martin ins Spiel
DRESDEN. In Teilen der Dresdner SPD-Basis rumort es. Gegenstand des Unmutes ist die Vorauswahl der Parteispitze für die Oberbürgermeisterwahl 2001, die auf den Druckereibesitzer und SPD-Landtagsabgeordneten
Karl Nolle fiel. Der Ortsverein Plauen/Coschütz gehört zu jenen, die offensichtlich nicht mit dem Zustandekommen des Vorschlags und Nolle einverstanden sind. Laut sagt das keiner, doch das Signal vom Montagabend aus der Südvorstadt ist deutlich genug. Die SPD-Basis stellte dort aus ihren Reihen einen weiteren SPD-Mann für die OB-Wahl auf: Der Kandidat heißt Dr. Reinhard Martin.
Er ist Bauingenieur und häufig schon als Technischer Chef der Aufbaugesellschaft Prager Straße (AGP), die für die Erschließung der Problembaustelle Wiener Platzes zuständig ist, zitiert worden. Bekannt wurde Martin 1994 als er als SPD-Mitglied bei den Kommunalwahlen den Sprung in den Stadtrat schaffte. Als er 1997 den Job bei der AGP übernahm, legte er das Stadtratsmandat nieder.
Was hat Reinhard Martin, was Karl Nolle nicht hat? "Ein Gefühl für Dresden und das Leben seit vielen Jahrzehnten in dieser Stadt", empfiehlt sich der Angesprochene. Außerdem verweist er auf seine kommunalpolitischen Erfahrungen als ehemaliger Stadtrat und die als Manager, wodurch er von zwei Seiten Einblick in die kommunale Praxis erhielt. Außerdem erhalte die SPD-Basis durch seine Kandidatur die Möglichkeit der echten Wahl zwischen zwei Bewerbern. Die Mitgliederversammlung tritt im Januar 2001 zusammen, um den OB-Kandidaten zu nominieren.
Diese Entscheidung will sich eine Reihe von SPD-Mitgliedern mit der Vorauswahl des SPD-Stadtausschusses nicht aus der Hand nehmen lassen. Den sehr offensiven Auftritt von Karl Nolle in der Öffentlichkeit vor der eigentlichen Nominierung im Januar betrachten seine Kritiker als Entmündigung der Vollversammlung.
"Natürlich kann jeder Ortsverein bis zum letzten Tag Vorschläge machen, doch der des Stadtausschusses, in dem alle Ortsvereine vertreten sind, hat ein anderes Gewicht", lässt die SPD-Vorsitzende Marlies Volkmer nicht an der Entscheidung kratzen. Fraglich sei außerdem, ob die Aufstellung von Reinhard Martin, wie sie gelaufen ist, überhaupt Bestand hat, da der Ortsverein sie nicht satzungsgemäß in der Tagesordnung ausgewiesen hatte.
Für die PDS als starke Linke in der Stadt ist Martin nicht der Kandidat, den sie unterstützen würde. "Die Namen werden immer skurriler", kommentiert Parteichef Michael Schrader die Nachricht. Die PDS verzeiht dem Stadtrat Martin nicht, dass er das Zünglein an der Waage beim Beschluss für den Bau der Waldschlösschenbrücke war. "Seine Stimme verschaffte der CDU die notwendige Mehrheit", erinnert sich Schrader.
(Brigitte Holland)
Kommentar von Karl Nolle: Das Votum für Reinhard Martin ist eine normale Meinungsäußerung von Mitgliedern eines Ortsvereins, aber kein Nominierungsbeschluss des Ortsvereins. Der SPD Stadtausschuß, d.h. Vertreter aller Dresdner Ortsvereine, hat sich am 4.10.00 mit zwei gegen und 15 für Karl Nolle als designierten OB-Kandidaten ausgesprochen.
Dieser Beschluß wurde am 26.10.00 nocheinmal mit dem Willen zu einem Wahlbündnis vom Stadtausschuss ohne Gegenstimmen bekräftigt. Bis zur Mitgliedervollversammlung am 6.1.2001 kann jeder jeden weiteren Kandidaten vorschlagen.