DNN, 04.12.2000
+++Glosse: Oase in einer bösen Welt / Sachsen und die Bundesländer
Manchem fehlt die Toleranz für Nolles Polemik
DRESDEN. Im Café Schwarzmarkt in der Dresdner Hauptstraße hängt der Himmel voller Weihnachtskugeln.(...)Es hat sich gelohnt - es sieht wirklich schön aus. "Man muss sich Mühe geben", sagt Peter. "Schließlich ist unser Café eine Oase in einer bösen Welt." Und die hält sogar Politiker, Juristen und Journalisten aus. (...)
Karl Nolle, SPD-Landtagsabgeordneter, will Dresdner Oberbürgermeister werden. Zwar hat ihn seine Partei noch nicht endgültig nominiert, doch Nolle ist bereits im Dauerwahlkampf. Den unterstützt der Druckereiunternehmer mit seiner eigenen Medienmaschine. Im "Buch der Dresdner", jetzt auf Nolles Druckmaschinen vervielfältigt, hat er sich auf der gleichen Doppelseite verewigt wie der amtierende CDU-OB Herbert Wagner. Nolle schildert dort seine Vorstellung von einer "offenen, toleranten und gerechten Gesellschaft". Die erhoffe er sich für die Stadt Dresden. Ein Beispiel für Nolles Offenheit und Toleranz lieferte der Kandidat kürzlich mit einer bösartigen Bemerkung selbst. Er hoffe, so Nolle als alle Welt noch einen Mord am sechsjährigen Joseph aus Sebnitz für möglich hielt,
dass die nationalsozialistische Vergangenheit der Eltern und Schwiegereltern von Ministerpräsident Biedenkopf nichts mit dem Tod des Kindes aus Sebnitz zu tun hätten. Es gibt Dresdner Sozialdemokraten, denen fehlt die Toleranz für derartige Polemik. (...)
(von Sven Siebert)
KOMMENTAR: Herr Siebert gibt in seiner "Glosse" ein Musterbeispiel von Zitatverfälschung, ja er erfindet sogar von mir eindeutig nicht behautete Zusammenhänge.
Mein Orignalsatz, auch der AP-Agenturmeldung vom 24.11.00 18.18 Uhr lautete:
"Unabhängig (von den konkreten Geschehnissen in Sebnitz) ist aber zu reklamieren, daß endlich Schluß sein muß mit der Verharmlosung der rechtsradikalen und rechtsterroristischen Gewalt in Sachsen, wie erst vor wenigen Wochen im Landtag, von Innenminister Hardraht aber auch von unserem Ministerpräsidenten Biedenkopf praktiziert. In ihren Erklärungen werden diese Dinge ständig verharmlost. Sie werden runtergeredet. Sie werden kleingeredet und dieses ist für uns nicht länger hinnehmbar. Es ist nicht hinnehmbar! Und ich hoffe auch, daß diese fragwürdige Zurückhaltung, die hier stattfindet, was die Rechtsradikalität angeht, nichts mit der eigenen nationalsozialistischen Familientradition von Kurt und Ingrid Biedenkopf zu tun haben, die ja darin selber in ihrer Familie tief verstrickt waren. Sie selber persönlich nicht, aber ihre Eltern (Vater und Schwiegervater). Und ich denke, daß das erst recht Anlass sein müsste, für den Ministerpräsidenten, sich ganz entschieden und deutlich auf die Seite derjenigen zu stellen, die gegen diese Rechtsradikalität vorgehen und vorgehen wollen".<</i>
Das vollständiges Interview ist unter dem 24.11.00, Text des Lifeinterviews, (Presseartikel) dokumentiert.