Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 13.12.2000

Der virtuelle Kandidat Dresdens früherer SED-Oberbürgermeister Wolfgang

Berghofer wäre gerne wieder Rathauschef, sagt es aber nicht
 
DRESDEN.. Rainer Ortleb ist ein Unglückswurm. Was auch immer der ehemalige Bundesbildungsminister und heutige FDP-Ortsvereinsvorsitzende von Dresden-Altstadt anpackt, es geht schief. Nach seinem letzten Coup vor wenigen Tagen forderten sächsische Liberale seinen Rauswurf aus der Partei. "Das hat die FDP ganz schön durcheinander gewirbelt", sagt FDP-Landeschef Holger Zastrow.

Dabei hat Ortleb eigentlich nur ausgesprochen, was etlichen Kommunalpolitikern in Dresden schon lange durch den Kopf spukt. Am 10. Juni nächsten Jahres sind Oberbürgermeisterwahlen in Sachsen. Für die Opposition aus SPD, PDS und Grünen die Gelegenheit, den seit zehn Jahren regierenden Christdemokraten Herbert Wagner aus dem Rathaus zu jagen. Nach Lage der Dinge gäbe es aber nur einen, der das für das Linksbündnis machen könnte: Wolfgang Berghofer, 57 Jahre alt, heute parteiloser Unternehmensberater in Berlin, vor zehn Jahren der letzte SED-Oberbürgermeister von Dresden. "Berghofer ist ein Ehrenmann, und er ist derjenige, der es kann", sagte Ortleb und ärgerte damit seine Partei, die gegen die Wiederkehr des früheren SED-Mannes ist.

Es ist zwar noch ein halbes Jahr bis zur Wahl, aber alles wartet gespannt darauf, was Berghofer macht und wann er sich endlich erklärt. Der Mann hat in der Stadt immer noch hohes Ansehen. Er galt als Saubermann in der ehemaligen Dresdner SED-Riege, als konzilianter Reformer und Hoffnungsträger. Im Januar 1990 trat er nach 25 Jahren aus der SED aus.

Die Idee, ausgerechnet ihn nach zehn Jahren politischer Abstinenz zum Herausforderer des blass wirkenden CDU-Mannes Wagner zu machen, stammt aus der SPD. Der Plan war: Eine Initiative aus Dresdner Bürgern, aus Künstlern, Wirtschaftsleuten und Wissenschaftlern fordert Berghofer zur Kandidatur auf. Nur als unabhängiger Herausforderer hätte jemand eine Chance gegen den CDU-Mann, den seine eigene Partei schon einmal loswerden wollte. Nur ein Bündnis für Berghofer, das nicht zu stark nach PDS und SPD riecht, könnte auch bürgerliche Wähler anlocken.

Doch kaum war die Idee im Mai geboren, plapperte jemand sie aus. Dann stand es in der Zeitung und die halbe SPD regte sich auf. Ein ehemaliger SED-Bonze, igitt. Für große Teile der SPD war die Sache erledigt. Auch die halbe PDS war entsetzt: Für die einen ist Berghofer ein pragmatischer Kopf, der sich mit Wirtschaftsbossen wie VW-Chef Ferdinand Piëch oder Ministerpräsidenten wie Kurt Biedenkopf bestens versteht. Für die anderen ist er aus denselben Gründen ein Verräter der Arbeiterklasse. Damit war die Sache auch für eine Menge Leute in der PDS erledigt. So scheiterte - vorerst - der Plan. Aber aus der Welt ist er noch nicht. Die PDS verständigte sich darauf, ihre schillernde wie verdiente Genossin Christine Ostrowski ins Rennen zu schicken. Wobei unter der Hand von Anfang an gesagt wurde, die Karten würden neu gemischt, sollte Berghofer antreten.

Komplizierter ist es in der Dresdner SPD: Dort hat sich der aus Hannover stammende Druckereibesitzer Karl Nolle nach vorne gedrängelt. Obwohl über seine Kandidatur erst im Januar endgültig abgestimmt wird, macht der Landtagsabgeordnete bereits jetzt heftig amerikanischen Wahlkampf - er schickte sogar Mitarbeiter in die USA, um Nachilfe beim Gore-Team zu nehmen. Das Ergebnis sieht aber noch mager aus: Nolle war mit dem Nikolaus und im Planwagen unterwegs und machte dolle Sprüche: "Mein Ziel ist jede Woche ein Prozent mehr." Dann habe er Wagner am Wahltag überrundet.

In der SPD sind die wenigsten glücklich über den als schnoddrig geltenden 240-Pfünder: "Er hat den nötigen Willen und Geld - das ist doch schon etwas", sagt ein Dresdner Genosse. Für Aufsehen sorgte der "designierte Kandidat" bislang durch fehlende kommunalpolitische Kenntnisse und durch eine abenteuerliche Bemerkung zum Tod des kleinen Joseph Abdulla: Nolle sprach von einer Verharmlosung des Falles und meinte, hoffentlich habe das nichts mit der NS-Vergangenheit der Biedenkopfs zu tun.

Es habe leider keinen Besseren gegeben, heißt es in der sächsischen SPD resigniert. Franz Müntefering sei um Rat gefragt worden. Henning Voscherau, der frühere Hamburger Bürgermeister, habe abgelehnt. Der Leipziger Regierungspräsident Walter Christian Steinbach habe nicht gewollt und der Lieblingskandidat, Dresdens früherer Kulturbürgermeister Jörg Stüdemann, auch nicht. Am Ende blieb die SPD auf Nolle sitzen.

In Dresden gilt jedoch als sicher, dass Berghofer antreten will. Er müsste nur von den richtigen Leuten gefragt werden. Nach einer Umfrage der Sächsischen Zeitung käme CDU-Mann Wagner auf 33, ein parteiloser Berghofer auf 25 und Sozialdemokrat Nolle auf elf Prozent. Nur ein breites Oppositionsbündnis wäre in der Lage, die Wahl gegen Wagner zu gewinnen.

Ob es dazu kommt, ist ungewiss. Entscheidend, heißt es, werde sein, wer mit welchem Resultat den ersten der beiden Wahlgänge überstehe. Dann könne man weiter sehen. Einen gemeinsamen Kandidaten Nolle können sich PDS und Grüne aber nicht vorstellen. "Was der in den letzten Monaten an Mist gebaut hat", stöhnt der PDS-Politiker Ronald Weckesser. "Mit dem reicht es nicht."

Der heimliche Wunschkandidat vieler Dresdner Oppositionspolitiker aber schweigt und genießt das Durcheinander. Es wird gemunkelt, die Berghofer-Bürgerinitiative solle gerade auf die Beine gestellt werden, angeblich wird sogar schon Geld für den Wahlkampf gesammelt. Aber das sind nur Gerüchte, die in den Parteien erzählt werden. Der "virtuelle Kandidat", wie sich Berghofer einmal nannte, schweigt. Interviewwünsche werden momentan abgelehnt, deshalb ein paar Zitate aus den vergangenen Monaten: "Mein Verstand sagt mir: Warum soll ich mir das antun? Mein Gefühl sagt: Warum eigentlich nicht?" An Selbstbewusstsein fehlt es Berghofer auf keinen Fall. Über den CDU-Kandidaten Wagner und den SPD-Herausforderer Nolle sagte er Anfang November: "Was dem einen an Kompetenz fehlt, hat der andere an Dummmheit zu viel."
(von Bernhard Honnigfort)

Kommentar: der Autor Herr Honigfort hat sich nicht die Mühe gemacht, mit mir persönlich zu sprechen oder selbst zu recherchieren. Stattdessen wärmt er zusammengesuchte Sätze aus diversen anderen Zeitungen der letzten Wochen auf und verkauft sie als eigene Information. So kann man auch journalistisch arbeiten und es sich ganz einfach machen.
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