DNN, 21.10.2000
Parteienüberraschungen für die Wähler
Von Woche zu Woche, Profilierung und Turbulenzen
DRESDEN. Über die Parteigrenzen hinweg, so scheint es, haben sich Dresdner Politiker zusammengetan, um dem verblüfften Wähler zu zeigen, was sie alles so an Überraschungen in petto hoben, wenn man sie nur läßt. Offenbar ist Profilierung angesagt – ohne Rücksicht auf Turbulenzen (oder darf man sogar sagen: Verluste?). Das Letzte, was uns jüngst bewegte, war der Vorschlag von CDU-Fraktionschef Michael Grötsch, einen Dezernenten in der Stadtverwaltung einzusparen und das so erlöste Geld auf die übrigen sechs zu verteilen, damit man da "West-Gehälter" zahlen und gute Leute' auf die Posten holen könne. Flurschaden ist noch ein vorsichtiger Ausdruck für diese Gedankenlosigkeit. Selbst wenn man unterstellt, dass der Mann es gar nicht so gemeint hat: Er wird es schwer haben zu erklären, dass er damit nicht die Arbeit hart arbeitender Ostgehaltsbezieher diskreditiert hat. Kurz zuvor hatte Grötsch mit seinem Vorschlag, das Denkmalschutzamt als eigenständige Behörde aufzulösen, nicht nur allgemeine Verwunderung, sondern auch den besonderen Widerspruch von Koalitionsparter FDP Hervorgerufen. Fraktionschef Jan Mücke tat ober auch selbst für diese Chronik der Absonderlichkeiten: Erforderte nicht nur die Bildung eines "Super-Dezernats" Wirtschaft, Stadtentwicklung und Verkehr sondern auch noch für seine Liberalen ein. Angesichts seiner Fünf-Mann-Ratsfraktion – in der noch dazu lediglich zwei Mitglieder aus der FDP sind - ein wahrlich kühner Gedanke.
Kühn stürzt sich derzeit auch der vom SPD-Stadtausschuss vorgesehene OB-Kandidat
Karl Nolle in die Wahlkampfvorbereitungen. Mangelnde Lokalkompetenz sucht er noch durch rhetorisches Zick-Zack zu überspielen. Doch auf Dauer wird er - und das weiß er auch selbst - damit nicht weit kommen. Als "Bündnis-Kandidat" von SPD, PDS und Grünen sieht ihn ohnehin nur ein Häuflein optimistischer Aufrechter. So lange es aber an der Basis bei der Suche nach einer Alternative so überstürzt zugeht, dass ein frisch gewählter zweiter Kandidat plötzlich doch keiner mehr ist, weil die Wahl im Ortsverein gar nicht ordnungsgemäß war, muss sich Nolle um das SPD-Ticket nicht wirklich Sorgen machen
Und in der PDS träumt man gar nicht mal so insgeheim immer noch ein wenig von einer Neuauflage mit Alt-SED-OB Wolfgang Berghofer - wobei man weiß, dass der selbst in der eigenen Partei nicht überall durchzusetzen wäre. All das verspricht Einiges für die nächsten Wochen. Wir sind da sichern noch nicht am Ende. An einem aber doch: am Wochenende.
In diesem Sinne ein schönes, Ihr Bernd Hempelmann