Sächsische Zeitung, 13.01.2001
"Bei der Opposition sind alle sehr gefrustet"
Parteien und Initiative proben Bündnis des Schweigens
DRESDEN. Dresdens Bündnis für einen OB hat sich in ein Bündnis des Schweigens verwandelt. In seltener Einigkeit mochten gestern weder PDS noch SPD, Grüne oder Bürgerinitiative "OB für Dresden" über ihr erstes Spitzentreffen am Vormittag informieren. Auch zur weiteren Vorgehensweise hieß es auf breiter Front nur: "Kein Kommentar!" Man wolle mögliche weitere Kandidaten gegen Amtsinhaber Herbert Wagner (CDU) nicht öffentlich zerreden lassen.
Hinter den Kulissen indes macht sich Ärger über die Absage des neuen Hoffnungsträgers Jörg Stüdemann breit. Zwar hatte Stüdemann in der Dortmunder Zeitung versprochen, die Parteichefs von PDS, SPD und Bündnisgrünen am Donnerstag über sein Nein zu einer Kandidatur in Dresden zu informieren. Doch weder SPD-Unterbezirkschefin Marlies Volkmer noch PDS-Stadtchef Michael Schrader waren bis gestern Mittag offiziell von ihm benachrichtigt worden. Lediglich mit SPD-Fraktionschef Andreas Herrmann und dem Grünen Umweltbürgermeister Klaus Gaber soll Stüdemann telefoniert haben. "Das gehört sich nicht", sagt PDS-Stadträtin Christine Ostrowski. "Alle sind sehr gefrustet."
Die Bürgerinitiative "OB für Dresden" gleicht unterdessen immer mehr einem Geheimklub, zu dem nur noch ein begrenzter Kreis von Insidern Zutritt hat. Forderte sie vor einem Monat die Bevölkerung noch hilferufend über die Presse zur Mitarbeit auf, ist es jetzt mit der versprochenen Basisdemokratie nicht mehr weit her. Der "Normalbürger" muss bei den Treffen draußen bleiben.
Stattdessen wird über einen Pressesprecher erklärt, dass es nichts zu erklären gibt. Eine Findungsgruppe der Initiative stehe nach wie vor in intensivem Kontakt mit potentiellen Kandidaten. Man bitte um Verständnis, dass man weder über Namen noch Inhalte von Gesprächen Auskunft geben wolle. Auch von Anrufen sei abzusehen, da die Mitglieder alle noch berufliche und private Verpflichtungen hätten.
Unterzeichner der OB-Initiative, mit denen auch noch namentlich im Internet geworben wird, fühlen sich da schon verschaukelt. "Ich hatte zumindestens auf eine Information gewartet, was aus unseren Kandidaten-Vorschlägen geworden ist", sagt Albrecht Koenitz, der beim ersten öffentlichen Bürgertreffen vor Weihnachten dabei war. Ob es überhaupt noch "unsere Vorschläge" sind, über die verhandelt wird, weiß freilich niemand.
(von Katrin Saft)