Karl Nolle, MdL

DNN, 13.01.2001

Die Trauernden vom Schützenplatz oder: Der Tag danach

Absage von Stüdemann
 
DRESDEN. Das Gewerkschaftshaus am Schützenplatz ist üblicherweise nicht Schauplatz von Trauerfeiern aus. Gestern war das anders. Da hockte eine Schar linker und bürgerbewegter Hinterbliebener zusammen und zelebrierte am gestrigen Freitag den entgültigen Abschied von Jörg Stüdemann als Kandidat: die Bürgerinitiative „OB für Dresden“, PDS-Spitzengenossen, führende Sozialdemokraten und Grüne.
SPD-Unterbezirkschefin Marlies Volkmer möchte „traurig“ nicht so richtig als Beschreibung für die Atmosphäre in der Runde gelten lassen. Diese jüngste Absage habe letztlich nicht völlig überrascht. Sie sah auch ihre Partei als zuvor schon gebranntes Kind bei Stüdemann-Hoffnungen. PDS-Stadtverbandschef Michael Schrader hatte bereits am Vortag mit diesem Bild seine Skepsis begründet. Volkmer hielt die Absage des parteilosen früheren Kulturbürgermeisters, der im September als Dezernent in die Dortmunder Stadtverwaltung wechselte, „für nicht ganz nachvollziehbar“.
Zu den Hintergründen will keiner etwas wissen. Stüdemann selbst möchte dazu keinen Kommentar abgeben. Volkmer sprach von Versuchen, ihn zu erreichen: „Es war kein Kontakt zu bekommen. PDS-Chef Michael Schrader hatte es erst gar nicht probiert: Irgendwann reiche es auch, sagte er. Stüdemanns Handeln – erst kein klares Nein im vollen Bewusstsein, damit Hoffnungen zu wecken, und dann doch abzusagen - hielt er für „nicht ganz sauber“. Auch Volkmer äußerte sich in die Richtung, dass Stüdemann den Oppositionsparteien damit keinen Gefallen getan habe.
Bei den Gesprächen mit den Parteien hat sich die Bürgerinitiative dem Vernehmen zu einer Art integrativem Element entwickelt und übernimmt eine Moderatorenrolle. „Wir haben aber auch schon vorher zusammen gesessen“, sagte Schrader. Die Initiative war Mitte Dezember in die Öffentlichkeit gegangen. Zum Inhalt des gestrigen Treffens im Gewerkschaftshaus mochten sich die Beteiligten nicht äußern. Man habe Vertraulichkeit vereinbart. Weitere Gespräche soll es je nach Bedarf geben, war zu hören.
Im Rathaus soll zumindest einer froh über die Stüdemann-Absage sein: CDU-Mann und Finanzbürgermeister Hanspeter Stihl, der als einziger Dezernent in diesem Jahr nicht zu Wahl steht und definitiv unter einem OB Stüdemann hätte arbeiten oder kündigen müssen. Zwischen den beiden war die Stimmung tendenziell frostig gewesen.
Außerhalb des rot-grünen Spektrums war von FDP/DSU-Chef Jan Mücke eine positive Rückmeldung zu Stüdemann gekommen: Der habe in Dresden gute Arbeit geleistet, „aber er ist eben keine Liberaler.“ Mücke bekräftigte die Absicht der Liberalen, im Frühjahr einen eigenen Kandidaten aufzustellen.
Der nach dem Nolle-Rückzug verbliebe Vorschlag des SPD-Ortsverein Plauen/Coschütz, Reinhardt Martin als sozialdemokratischen OB-Kandidaten aufzustellen, gilt noch: Martin steht nach eigener Aussage weiter zu Verfügung. Ortsvereinschef Roland Nedeleff sagte, ein Rückzug dieses Vorschlags stehe bei der nächsten Mitgliederversammlung mit Sicherheit nicht an.
(Stefan Alberti)

Karl Nolle im Webseitentest
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