Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 18.01.2001

Phantom spaltet Dresden

Initiative "Pro Berghofer" will letztenSED-Bürgermeister als OB-Kandidaten holen
 
DRESDEN. Ein Phantom geht um in Dresden, und das heißt Wolfgang Berghofer. Obwohl der 57-Jährige noch offen lässt, ob er zur OB-Wahl im Juni antritt, hat allein sein mögliches Comeback für heftige Reaktionen gesorgt. Während die einen den letzten SED-Oberbürgermeister als Wahlfälscher und Vertreter der Vergangenheit verdammen, sehen die anderen in ihm den verhinderten Reformer, den Mann mit Charisma, der eine zweite Chance verdient. Bislang war Berghofer immer nur der virtuelle Kandidat, der für keine Partei antreten will. Schon gar nicht für die PDS, der er im Januar 1990 den Rücken kehrte und damit bei vielen Mitgliedern immer noch als "Verräter" gilt.
Sammeln von Unterstützungs-Briefen
Jetzt allerdings gibt es erstmals eine Initiative, die Berghofer als unabhängigen Kandidaten nach Dresden rufen will. "Pro Berghofer" nennt sich die Vereinigung, die am Sonnabend in einer SZ-Anzeige um Unterstützungsbriefe warb. "Ich will Wolfgang Berghofer als Oberbürgermeister! Sie auch? Dann schreiben sie an PF 28 02 55 in 01142 Dresden", heißt es dort unverblümt. Absender: Detlef Pflug. Bei Detlef Pflugk, bis zur Streichung seiner Stelle durch die CDU hauptamtlicher Chef der IG Äußere Neustadt, steht seitdem das Telefon nicht mehr still. "Alle denken, ich stecke hinter der Anzeige", sagt er. Das sei ein Irrtum. Sein Nachname werde am Ende mit "gk" geschrieben. Pflugk war bereits beim Einwohnermeldeamt, um herauszufinden, ob es seinen Fast-Namensvetter in Dresden wirklich gibt. Es gibt ihn. Er ist Student und wohnt in der Seevorstadt Ost. Die Pro-Berghofer-Bewegung sei eine private Initiative, sagt der echte Pflug. Wer hinter ihr steht und wie es weitergeht will er - ganz der Profi - allerdings noch nicht verraten. "Wir haben bereits eine Vielzahl von Briefen bekommen", sagt er nur. Mit Berghofer selbst habe man noch nicht gesprochen.
Rechtzeitige Entscheidung versprochen
Der heutige Unternehmensberater Berghofer lässt sich in seinem Berliner Büro auch von niemandem sprechen. Interview-Wünsche werden von seiner Sekretärin beharrlich abgewimmelt. Seine einzige Reaktion auf die Ereignisse in Dresden stammt vom 7. Januar. Berghofer wörtlich: "Da ich keiner Partei angehöre und meine politische Unabhängigkeit auch zukünftig bewahren möchte, werde ich meine Entscheidung unabhängig von jedwedem taktischen Kalkül Dritter und frei von jedem zeitlichen Druck treffen." Das Ergebnis werde er den Dresdnern rechtzeitig und eindeutig zur Kenntnis bringen.
(Katrin Saft)

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