Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 23.01.2001

"Wer sich zuerst bewegt, hat verloren"

Roßberg offenbar doch an Kandidatur interessiert
 
DRESDEN. Dresdens ehemaliger Stadtentwicklungsdezernent Ingolf Roßberg (FDP) hat offenbar doch Ambitionen auf den OB-Posten. Obwohl Roßberg noch am Donnerstag versicherte, er stehe weder als Kandidat der Opposition noch der eigenen FDP zur Verfügung, fuhr er am Sonntag zu Gesprächen mit Oppositions-Politikern nach Dresden.
Roßberg ist seit September Bürgermeister für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr in Wuppertal. Presseberichten, er treffe sich am Sonntag mit der Dresdner PDS, hatte er entgegengehalten, dass seine Partei an diesem Tag in Wuppertal Neujahrsempfang feiere. Der Empfang fand auch tatsächlich statt. Nur Roßberg, bestätigte die dortige FDP-Fraktion, habe "aus persönlichen Gründen" gefehlt.
Weder PDS, SPD noch Bündnisgrüne wollten sich gestern zu Roßberg als möglichen gemeinsamen Kandidaten äußeren. "Das ist zur Zeit wie Beamten-Mikado", sagt SPD-Stadtrat Albrecht Leonhardt. "Wer sich zuerst bewegt, hat verloren." Ein zu frühes Outen eines Kandidaten spiele nur Wolfgang Berghofer in die Hände.
Auch die Bürgerinitiative "OB für Dresden" hält sich zu Roßberg bedeckt. Zwar erklärt Sprecher Christian Bahnsen, dass es am Sonntagabend wieder eine Verhandlungsrunde mit den Oppositionsparteien gab. Aber über den Inhalt sei Stillschweigen vereinbart. Roßberg selbst war gestern in Wuppertal nicht erreichbar.
Roßberg hatte 1994 mit immensem Werbeaufwand schon einmal als OB für Dresden kandidiert, kam damals aber mit 12,18 Prozent der Stimmen nur auf Platz vier hinter Herbert Wagner (CDU, 38,61 Prozent), Christine Ostrowski (PDS, 19,17 Prozent) und Albrecht Leonhardt (SPD, 14,37 Prozent). Seitdem musste er mehrere Niederlagen einstecken. Bei der Wahl der Dezernenten unterlag er im September 1994 Gunter Just (damals parteilos). Daraufhin ging er als Vize-Bürgermeister nach Radebeul, verpasste dann aber 1999 knapp den Wiedereinzug in den Dresdner Stadtrat. Seine eigenen Parteifreunde wollten ihn aus der FDP rausschmeißen, weil er sich kritisch zur Gläsernen VW-Fabrik äußerte.
Eine nun mögliche Kandidatur für die Opposition erscheint aus zwei Gründen problematisch. Zum einen will die FDP einen eigenen Kandidaten aufstellen, falls Berghofer nicht antritt. Zum anderen trauen viele Oppositionspolitiker dem Kurs eines Mannes nicht, dessen Partei ein Koalitionsvertrag mit der CDU verbindet.
(SZ/saf)

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