DNN, 03.02.2001
SPD-Spitze will Roßberg als Bündniskandidat
PDS-Konferenz zu Oberbürgermeisterwahl
DRESDEN. Die Verhandlungsführer der Dresdner SPD haben sich am gestrigen Freitag für den früheren Stadtrat Ingolf Roßberg als Bündniskandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl im Juni ausgesprochen. Es sei für die SPD nicht leicht, einen FDP-Mann zu unterstützen, aber man werde Roßberg der Partei vorschlagen, sagte Stadtratsfraktionschef Andreas Herrmann gestern nach einem erneuten Treffen von PDS, SPD, Grünen und der Bürgerinitiative "OB für Dresden". SPD-Unterbezirkschefin Marlies Volkmer äußerte sich ähnlich. Am heutigen Sonnabend beschäftigt sich die Delegiertenkonferenz des PDS-Stadtverbands mit der OB-Wahl und Roßberg
Der FDP-Mann, seit September Stadtentwicklungsdezernent in Wuppertal, hatte gestern erstmals schriftlich seine Bereitschaft zu einer Kandidatur unter bestimmten Voraussetzungen öffentlich als möglich bezeichnet. Als ersten Punkt nennt er "Erst Dresden, und erst danach Parteipolitik". Auf ein Eckpunkte-Papier von PDS, SPD, Grünen und der Bürgerinitiative reagiere er ausdrücklich nicht, heißt es in einer Mitteilung aus dem Wuppertaler Rathaus. Zudem lasse er sich nicht unter Druck setzen. Roßberg hatte den DNN gesagt, er werde bis Ende nächster Woche über eine Kandidatur entscheiden.
SPD-Chefin Volkmer nannte Roßbergs Fax "ermutigend". Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Andreas Jahnel sagte, man habe es aufmerksam zur Kenntnis genommen und erwarte jetzt inhaltliche Vorstellungen Roßbergs, der sich dazu gestern nur grob äußerte. Für entscheidend hielt Jahnel sein Verhältnis zur FDP.
Roßberg hatte deutlich gemacht, dass er FDP-Mitglied bleiben will. In seinem Schreiben geht er davon aus, dass "auch meine Parteifreunde mich liberal unterstützen", sollte er über Parteigrenzen hinweg aufgestellt werden. FDP-Kreischef Arno Schmidt sieht das anders. "Ich werde ihn nicht unterstützen, wenn die PDS mit im Boot ist", sagte er. Roßberg habe sich wegen einer Kandidatur bislang nicht bei ihm gemeldet.
Zurückhaltend äußerte sich am Freitag die PDS-Spitze zu Roßberg. Eine Kandidatur des FDP-Manns mitzutragen würde für Stadtverbandschef Michael Schrader voraussetzen, dass die Liberalen im Stadtrat ihre Koalition mit der CDU beenden. Die PDS-Delegiertenkonferenz soll nach seinen Vorstellungen heute unter anderem beschließen, dass die PDS im zweiten OB-Wahlgang den Oppositionskandidaten unterstützt, der am 10. Juni im ersten Anlauf die meisten Stimmen erhält - auch wenn es nicht der Bündniskandidat ist. Zu der Eckpunkte-Erklärung von Parteien und Bürgerinitiative sagte Schrader, sie sei "eine wichtige, aber nicht die letzte Voraussetzung, dass wir uns auf einen Kandidaten einigen".
Die Klausel für den zweiten Wahlgang ließe eine Tür offen für den letzten SED-OB Wolfgang Berghofer, der laut Schrader "wild entschlossen ist, anzutreten." Berghofer war am Freitag nicht zu erreichen. Die möglichen Bündnispartner wollen diese Bedingung nicht erfüllen. Für SPD-Chefin Volkmer und Grünen-Fraktionssprecherin Eva Jähnigen kommt Berghofer weiterhin nicht in Frage, ebenso wenig für die Bürgerinitiative.
Die Spitzenpolitikerinnen der beiden Parteien sahen die PDS ein Stück auf dem Bündnis-Rückzug. Die PDS hatte angekündigt, die endgültige Entscheidung über ihre Wahl-Position falle erst bei einer Vollversammlung im April. Verabredet aber war, bis Ende Februar Klarheit zu haben. "Die Verschiebung auf April macht jede Kandidatur für das Bündnis unmöglich", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von SPD und Grünen.
(von Stefan Alberti)