Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 05.02.2001

Linkes Wahl-Bündnis steht vor dem Aus

Roßberg laut Umfrage chancenlos / SPD: "Kandidat notfalls ohne PDS"
 
DRESDEN. Das Linksbündnis für die OB-Wahl scheint gescheitert. Die PDS verschob ihre Kandidaten-Entscheidung auf April und beschloss, nur den Aussichtsreichsten zu unterstützen. Und der heißt nach einer neuen Umfrage nicht Bündniskandidat Roßberg, sondern Berghofer.
Auf ihrer Delegiertenkonferenz am Sonnabend mogelte sich die PDS um die Entscheidung für einen OB-Kandidaten herum. Erst im April, wurde einstimmig beschlossen, sollen alle 2 700 Parteimitglieder über Namen abstimmen. Begründung: Mit Ingolf Roßberg und Wolfgang Berghofer seien derzeit zwei virtuelle Kandidaten im Spiel. Niemand wisse, ob und wofür sie antreten.
Hinter dem Zögern der stärksten Oppositionskraft Dresdens stecken Zweifel an Bündniskandidat Ingolf Roßberg (FDP). Zwar betonte Ex-PDS-Chefin Christine Ostrowski, dass Roßberg von seiner Persönlichkeit her das Zeug zum OB habe. Doch nach einer von der Partei veranlassten Telefonumfrage der Firma SAS unter 500 Dresdnern ist Roßberg chancenlos. Er käme im ersten Wahlgang gerade mal auf zwölf Prozent, Wolfgang Berghofer dagegen auf 27 und Amtsinhaber Wagner auf 25 Prozent (Rest Nichtwähler und Unentschiedene). Selbst bei einer zweiten Stichwahlrunde würde Roßberg mit 46 Prozent Wagner unterliegen, Berghofer indes mit 58 Prozent gewinnen.
Ein weiteres Argument gegen Roßberg ist dessen FDP-Mitgliedschaft. "Wir verlangen nicht seinen Austritt", sagt Parteichef Michael Schrader, "aber eine Distanzierung von der Dresdner FDP-Politik."
Mit ihrem Beschluss, nur den aussichtsreichsten Oppositions-Kandidaten zu unterstützen, machten die Delegierten Weg den für Berghofer frei. "Bekäme er eine demokratische Mehrheit, wäre das ein deutschlandweites Signal, dass Vertreter der DDR-Elite wieder wählbar sind", sagt Fraktionschef Ronald Weckesser. Der Anti-Berghofer-Wahlkampf habe bereits begonnen. So seien von der CDU Rechtsgutachten in Auftrag gegeben worden, die Berghofers Kandidatur für unzulässig erklären sollen.
Delegierte wie Peter Rosse und Bernd Rump bemängelten, dass die PDS als Alternative zu Berghofer keinen eigenen parteilosen Bündnis-Kandidaten profilieren konnte. Dazu Weckesser: "Es reicht halt nicht, einen netten Menschen zu finden. Ein Oppositions-OB muss mit einer komplizierten Situation klar kommen: wenig Geld, bürgerliche Stadtrats-Mehrheit." Selbst ein Berghofer hätte es da schwer.
Für SPD, Grüne und Bürgerinitiative "OB für Dresden" allerdings kommt Berghofer als Bündniskandidat nach wie vor nicht in Frage. "Auch dass die PDS ihre Entscheidung auf April verzögert, macht ein Wahlbündnis unmöglich", sagt Grünen-Sprecherin Eva Jähnigen. Die Partner hätten vereinbart, sich spätestens bis Ende Februar festzulegen. Ähnlich sieht das die SPD. Beide Parteien wollen sich an den vereinbarten Termin halten. "Notfalls auch ohne PDS", sagt SPD-Unterbezirkschefin Marlies Volkmer. Zwar verwahrt sich die PDS dagegen, jetzt den schwarzen Peter zu bekommen, weil sie als einzige Partei konsequent für die Wagner-Abwahl eintrete. Doch unterm Strich bleibt die Tatsache: das gemeinsame Links-Bündnis scheint wieder einmal gescheitert.
Nur die Bürgerinitiative will offenbar noch nicht aufgeben. Gestern Nachmittag forderte sie die Dresdner in einer Erklärung auf, nicht alles den Parteien zu überlassen und ihre Meinung zu Ex-Baubürgermeister Roßberg zu sagen.
(von Katrin Saft)

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