DNN, 13.02.2001
Ostrowski frustriert: "Noch nichts entschieden"
Geheimtreffen zu OB-Kandidatur mit Berghofer im Hilton
DRESDEN. Das Gesicht bedurfte kaum einer weiteren Erklärung. Sichtlich frustriert kam Christine Ostrowski, graue Eminenz des PDS-Stadtverbands, von einem Geheimtreffen mit Wolfgang Berghofer im Hilton. Der letzte SED-Oberbürgermeister mochte sich auch gestern nicht auf eine Kandidatur bei der OB-Wahl festlegen lassen.
Sein silberfarbener Mercedes-Geländewagen mit Dresdner Kennzeichen war gegen Viertel nach zehn am Hilton vorgefahren, Ostrowski kurz zuvor durch die Drehtür in die Hotel-Lobby verschwunden. Drei Etagen höher wartete Nobel-Suite 3037: Blick auf die Frauenkirche, Preis pro Nacht 750 bis 1050 Mark - Hilton-Stammkunde Berghofer soll sie für das zweieinhalbstündige Treffen umsonst bekommen haben. Außer den beiden mit dabei: PDS-Stadtratsfraktionssprecher André Schollbach.
"Es ist noch nichts entschieden, es ist zum K...", sagte Ostrowski den DNN am Nachmittag. Berghofer selbst lehnte eine Stellungnahme ab. Ostrowski will um ein Gespräch gebeten haben, nachdem die PDS-Delegiertenkonferenz vor zehn Tagen eine ganz große Tür für Berghofer offen ließ, eine Nominierung auf April verschob. "Ich dachte, wir kriegen ungefähr eine Zeitschiene genannt", sagte sie. Das sei nicht geschehen.
Die Altparteichefin sieht Berghofers Chancen im Sinken, je länger er wartet. Im Kopf hat sie dabei vor allem jene 31 Prozent der Wähler, die bei einer jüngsten Umfrage im Auftrag der PDS noch unentschieden waren. Dabei hatte Berghofer mit 27 Prozent vor Wagner (25 Prozent) und Roßberg (12 Prozent) gelegen.
Bei dem Treffen soll es auch um angebliche Versuche in der CDU gegangen sein, eine Berghofer-Kandidatur rechtlich zu verhindern. Laut Ostrowski gibt es Gutachten zu seiner DDR-Vergangenheit. Nach Angaben des Innenministeriums kann auch ein Kandidat mit Stasi-Vergangenheit antreten. Ob der bei einem Sieg Oberbürgermeister werden kann, muss nach Ministeriumsmeinung das Regierungspräsidium (RP) als Prüfbehörde nach der Wahl entscheiden.
Verwaltungsbürgermeister Wolf-Dieter Müller (CDU) sagte dazu den DNN, von seinem Rechtsverständnis her müsste eine abschließende Prüfung vor der Wahl erfolgen. Er sah aber zeitliche Probleme mit der Briefwahl und verwies auf ein noch ausstehendes Gespräch mit dem RP.
FDP-Mann Ingolf Roßberg, von der Bürgerinitiative "OB für Dresden" als Spitzenmann gehandelt, hat sich erneut widersprüchlich geäußert. Während er gegenüber den DNN am Freitag deutlich machte, dass er unter bestimmten Voraussetzungen antritt, sagte er am gleichen Tag in Wuppertal der "Westdeutschen Zeitung", er stehe für eine Kandidatur "unter keinen Umständen zur Verfügung".
Gestern beantwortete Roßberg eine Anfrage der Wuppertaler SPD-Fraktion im Rat der Stadt wie folgt: Die derzeitige parteipolitische Konstellation in Dresden biete für ihn "keine Basis für weitergehende Überlegungen in dieser Richtung".
Cvon Stefan Alberti/Rolf H. Seyboldt)