Stenografisches Protokoll SLT, 16.10.2001
TEIL 2 (S.20 - S.37) Anhörung 27.08.2001: Rechtskonformität, Büro Frau Biedenkopf` und die Haushaltskapitel ...
Wortprotokoll als Ergänzung der Niederschrift nach § 36 der Geschäftsordnung Verfassungs- und Rechtsausschuß
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Zur dritten Frage. Ich denke, daß eine ausgiebige Kontrolle möglich ist. Ich will das, was Herr Kollege Karpen gesagt hat, nicht wiederholen. Ich kann mich dem nur uneingeschränkt anschließen. Ich glaube nicht, daß es irgendwelche Lücken bezüglich der Kontrolldichte gibt. Das Entscheidende ist, daß das Parlament die Kontrollaufgabe intensiv wahrnimmt. Die rechtlichen Möglichkeiten sind vorhanden.
Frau Dr. Schwarz, SPD: Herr Prof. Karpen und Herr Prof. Musall. Sie haben aus Ihrer Sicht deutlich gemacht, daß Sie das Büro Ingrid Biedenkopf als eine Organisationseinheit der Staatskanzlei und damit als eine staatliche Stelle verstehen.
Lassen Sie mich ein praktisches Beispiel anführen. Welche Möglichkeit hat ein Bürger oder eine Bürgerin, wenn er oder sie sich an diese staatliche Stelle gewandt hat und einen Rat bekommen hat, der zu erheblichem materiellen oder ideellen Schaden geführt hat? Welche Möglichkeit hat dieser Bürger oder diese Bürgerin, auf diese staatliche Stelle zuzugreifen, um Schadenersatz zu bekommen?
Herr Prof. Dr. Musall: Frau Abgeordnete Schwarz. Die Frage lässt sich aus meiner Sicht relativ klar beantworten. Das wäre für mich ein Fall der Amtshaftung. Ich hatte vorhin auf die Frage von Herrn Bartl gesagt, für mich ist das, was in dem Büro gemacht wird, der Vollzug von öffentlichen Aufgaben. Die Grundsätze der Amtshaftung greifen. Wenn ein Schaden durch einen falschen Rat entsteht und dies auch schuldhaft geschehen ist, dann hat der betroffene Geschädigte die Möglichkeit, Schadenersatzforderungen gegen den Freistaat Sachsen im Rahmen der Amtshaftung zu richten.
Herr Prof. Dr. Karpen: Wenn sich das nachweisen lässt, Frau Abg. Schwarz, so habe ich dem wenig hinzuzufügen. Allerdings steht in den meisten Verfassungen oder Geschäftsordnungen, daß der Rechtsweg gegen Entscheidungen des Petitionsausschusses ausgeschlossen ist. Einzelheiten wären hierbei noch nachzufassen. Da es aber eine staatliche Stelle ist, ist die Antwort von Herrn Prof. Musall richtig.
Bartl, PDS: Ich möchte erstens Herrn Dr. Lunau bitten, seine Bedenken dahin gehend zu erläutern, daß speziell der Umstand, daß Frau Biedenkopf nicht dem Bereich der Verfassungsorgane zuzurechnen ist, quasi von vornherein die Kontrollrechte des Parlaments im rechtlichen Sinne ausschaltet.
Zweitens habe ich eine Frage an Herrn Dr. Lunau und in gewisser Weise auch an Herrn Prof. Dr. Karpen. Habe ich es richtig verstanden, daß, wenn Gattinnen oder Gatten vorhanden sind - das betrifft Ministerpräsidenten, Bundespräsidenten oder Bundeskanzler -, diese in gewisser Weise an der Tätigkeit des Verfassungsorgans Gatte teilnehmen? Für mich macht es einen Unterschied, ob das in Bereichen wie dem Stiftungswesen usw. geschieht oder nicht.
Meine Frage ist, ob die drei Gutachter Kenntnisse darüber haben - zunächst richte ich die Frage an Herrn Dr. Lunau, weil er gesagt hat, er habe nachgeforscht -, ob und wo es etwas Ähnliches gibt, daß sich die Ministerpräsidenten-Gattin im Petitionsrecht unter Berufung auf Art. 35 respektive auf die Entsprechung in § 17 des Grundgesetzes in diese Stellung bringt.
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Meine nächste Frage geht an Herrn Prof. Musall und auch an die beiden anderen Gutachter, sofern Sie dazu etwas sagen wollen.
Wenn wir auf das Konstrukt zurückgreifen würden, daß sie praktisch die Stellung eines Beliehenen habe, so sagt die gefestigte Rechtsprechung, daß Beliehene jene privaten Rechtssubjekte sind, die Dritten gegenüber öffentlich-rechtlich auftreten. Gehen die Gutachter davon aus, daß Frau Biedenkopf in der Tätigkeit ihres Büros gegenüber Dritten öffentlich-rechtlich wirksam wird, und zwar mit allen rechtlichen Konsequenzen nicht nur im Bereich der Amtshaftung?
Meine vorerst letzte Frage lautet: Wenn ich Herrn Prof. Dr. Karpen bei seinen Eingangsbemerkungen richtig verstanden habe, so sieht auch er aufgrund der Tatsache, daß die Rechtsprechung des Büros in der Sächsischen Dienstordnung geregelt ist und daßelbe auch im Amtsblatt von 1999, Seite 100, veröffentlicht worden ist, eine gewisse Legitimität und auch einen Garant in bezug auf die Transparenz. Nun arbeitet dieses Büros seit 1994, wenn ich das richtig sehe. Auf welcher sachlich-rechtlichen Grundlage ist das denn bis 1999 geschehen?
Herr Dr. Lunau: Zunächst zu der Frage der Einbindung von Frau Biedenkopf in die Staatsregierung. Ich kann meinen beiden Kollegen insofern nicht ganz folgen, weil die Dienstordnung für mich keine Rechtsgrundlage dafür ist. Die Dienstordnung regelt lediglich das Büro. Die Dienstordnung geht genau von dem Konstrukt aus, das ich vorhin etwas flapsig als Umgehungsgeschäft bezeichnet habe. Darin ist alles geregelt, was die personelle und finanzielle Ausstattung einer leeren Hülle „Büro" betrifft. Es ist dort überhaupt nicht geregelt, in welchem rechtlichen Verhältnis sich Frau Biedenkopf zum Freistaat befindet. Es ist erst recht keine Rechtsgrundlage dafür, daß Frau Biedenkopf für den Freistaat in Erscheinung tritt, abgesehen davon, daß sie das nicht tut.
Ich habe als Anwalt drei Fälle gehabt, bei denen sich Bürger, die zu mir gekommen sind, vorher an das Büro von Frau Biedenkopf gewandt haben. Ich habe festgestellt, daß sie weder ein Dienstsiegel verwendet noch ein Wappen auf dem Briefkopf benutzt hat. Sie tritt als Privatperson Ingrid Biedenkopf mit Privatanschrift, Unterschrift und ohne irgendeine Kennzeichnung eines Vertretungsverhältnisses auf. Wenn sie wirklich Bestandteil der Verwaltung wäre und den Freistaat nach außen hin vertreten würde, egal in welcher Form, müßte sie formell ein bestimmtes Minimum beachten. Das tut sie allerdings nicht. Ich werfe ihr das nicht vor. Für mich ist es lediglich ein äußerer Ausdruck dafür, daß sie das ist, wovon ich ausgehe, nämlich private Dritte.
Das zweite Stichwort betraf die Tätigkeit im Petitionsrecht. Diesbezüglich habe ich, anders als es bei meinen beiden Kollegen der Fall ist, gewisse Bedenken. Diese beziehen sich auf den Petitionsausschuß. Dort gibt es auch ein paar Bereiche, weil der Petitionsausschuß nicht nur die Aufgabe hat, Petitionen zu bearbeiten, sondern das Petitionsrecht hat für den Landtag insgesamt eine wichtige Informationsaufgabe. Auf diesem Wege kann er von bestimmten Problemen erfahren, die sich möglicherweise im Land häufen oder auf eine Art und Weise zuspitzen, daß der Landtag tätig werden muß.
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Diese Aufgabe kann er nicht erfüllen, wenn das, was eigentlich auf dem Wege des Petitionsausschusses in die dafür zuständigen Stellen hineinläuft, wie es Art. 35 besagt, an eine Privatperson geht, die möglicherweise - in allen drei Fällen, die ich vorgefunden habe, ist das sogar tatsächlich am Petitionsausschuß vorbei geschehen - mit Dienstbehörden auch unterer Ränge direkten Kontakt aufnimmt, beispielsweise mit dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen. Es kann also geschehen, daß sie sich nicht an einen Minister wendet - die dortige Stelle könnte zusammenfassen, daß es Probleme gibt - bzw. nicht an die Stabstelle herantritt, sondern daß sie direkt mit einem Landesamt Kontakt aufnimmt und auf diese Weise bestimmte Informationen nicht an die zuständigen Stellen geraten.
Art. 35 ist aus meiner Sicht gleichfalls keine Quelle für die Tätigkeit von Frau Biedenkopf. Dort heißt es: „zuständige Stelle". Nun ist Zuständigkeit im öffentlichen Recht etwas sehr Förmliches. Wir können nicht sagen: Mach das jetzt; denn auf diese Art und Weise begründet sich faktisch Zuständigkeit! Zuständigkeit ist etwas, was man erteilen muß. Man muß eine Stelle für zuständig erklären. Das ist bisher nicht geschehen. Die Dienstordnung gibt diesbezüglich nichts her. Diese sagt nicht, Frau Biedenkopf solle diese und jene Dinge erledigen; sie sei dafür zuständig. Auch keine andere Rechtsquelle ist zu finden.
Das zweite Problem ist das der Petenten. Auch hierbei sehe ich deutliche Eingriffe ins Petitionsrecht, weil der Eindruck erweckt wird, es würde sich um eine Petition handeln, wiewohl Frau Biedenkopf aufgrund ihrer rechtlichen Stellung als private Dritte nicht in der Lage ist, bestimmte Funktionen auszuüben, die der Petitions-ausschuß durchaus ausüben kann. Der Petitionsausschuß hat die Möglichkeit, einen Minister zu zitieren. Der Petitionsausschuß hat die Möglichkeit bestimmte Aufgaben direkt in den Landtag hinein auszuüben. All diese Möglichkeiten bleiben dem Petenten in dem Augenblick verwehrt, wenn er sich an jemanden wendet, der für diese Dinge zumindest im formellen Sinne nicht zuständig ist.
Zum Thema Beliehene. Dort sehe ich das Problem, daß es an einem rechtlichen Akt der Beleihung fehlt. Ich sehe nicht, inwieweit Frau Biedenkopf Beliehene ist, zumal eine Beleihung ziemlich präzise bezeichnen und eingrenzen muß, auf welche Aufgaben und Funktionen sich die Beleihung bezieht. Es reicht nicht festzustellen, daß sie tätig wird und daß sie aus diesem Grunde praktisch mit der normativen Kraft des Faktischen zuständig geworden sei. Vielmehr kommt es gerade bei der Beleihung wesentlich darauf an, aufzuzeigen, wo die Grenzen der Tätigkeit sind.
All das spricht aus meiner Sicht ganz deutlich dagegen, daß sie für den Freistaat tätig wird oder daß sie in Vertretung des Freistaats tätig wird. Ich habe auch große Bedenken, was die Frage der Amtshaftung betrifft. Das wäre dann nur die Konsequenz daraus.
Herr Prof. Dr. Karpen: Herr Abg. Bartl - zum Thema Verfassungsorgan. Das Parlament hat Kontrolle über die Verfassungsorgane. Das ist auf der hohen Ebene der Verfassung, auf der wir uns bewegen, richtig. Das stimmt auf der Ebene der Gewaltenteilung. Aber die Kontrolle über die Verfassungsorgane bedeutet eben auf der Exekutivseite, daß über den Ministerpräsidenten, der für die Exekutive und für die Landespolitik gesamtverantwortlich ist, und die Minister, die für ihre Ressorts verantwortlich sind, die Kontrolle des Parlaments erfolgt. Sie nennen das Verfassungsorgankontrolle. Das reicht bis zum letzten Oberamtsrat hinunter. Es ist
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der Sinn der Ministerverantwortlichkeit, daß der Minister in seinem Ressort für alles verantwortlich ist. Insofern reicht es auch, wenn die Organisationseinheit relativ unten angesiedelt ist. Die parlamentarische Verantwortung reicht hindurch. Damit ist das gegeben, was wir auf der Ebene der Gewaltenteilung haben, und zwar daß das Parlament die Exekutive kontrolliert.
Zur Frage der Beleihung: Ich kann mich mit dem Begriff nicht ganz anfreunden. Es ist richtig, daß die Beleihung einen staatlichen Akt voraussetzt und daß der Beliehene im Auftrag des Staates handelt. Früher war es der Forstaufseher. Er war Jäger; hatte aber bestimmte Funktionen und durfte deswegen das Dienstsiegel nutzen.
Wir haben lange darüber gestritten, ob die Schülerlotsen Beliehene sind; denn sie können hoheitsrechtlich den Verkehr regeln. Ob es zulässigerweise Kinder sind, lasse ich außen vor. Aber es ist richtig: Wenn ein Kind auf der Straße steht und den LKW anhält, übt es eine hoheitliche Tätigkeit aus. Dieses Recht muß verliehen werden. Das geschieht allerdings nicht durch ein Gesetz. Das kann auch die Exekutive machen.
Oder lassen Sie mich ein modernes Beispiel wählen. Die Öffentlichen Verkehrsbetriebe sind zum Teil privatisiert worden, aber sie haben auf den Strecken die hoheitliche Funktion der Verkehrssicherung. Diese hoheitliche Funktion der Verkehrssicherung, diese spezielle Funktion also, muß durch einen Verleihungsakt einem Privaten übertragen werden.
Ich glaube nicht, daß die Frau des Ministerpräsidenten in diesem Sinne eine beliehene Staatsbehörde ist, sondern sie ist - wir sehen das verfassungsrechtlich stringent; das müssen wir, deswegen sind wir hier -, mehr der Kanal, in dem durch signalisiertes Vertrauen der Bürger der Zugang zur Staatsregierung und zum Parlament geschieht. Früher versuchte man im Vorüberreiten den Rock des Monarchen zu ergreifen. Lassen Sie mich das so bildlich formulieren. In den Zeiten sind wir nicht. Aber wir brauchen es mehr denn je. Es kommt mehr denn je darauf an, daß der Abstand zwischen der Bürgerin und dem Bürger gegenüber der Regierung und dem Parlament in Dresden verringert wird. Das ist die eigentliche Funktion.
Nun zu Ihrer Frage, Herr Bartl: Machen das andere Frauen oder Männer - in Schleswig-Holstein ist es Herr Simonis; ein Professor aus Berlin macht so etwas auch. Er macht diese Nebenrepräsentationsaufgaben. Ich kenne ihn persönlich.
Zunächst ist es richtig, daß sich alle Frauen der Bundespräsidenten - ich möchte das aufgreifen - ein sichtbares Stiftungsfeld eröffnet haben. Das, Müttergenesungswerk von Elly Heuss-Knapp ist bekannt. Sie kennen die Deutsche Altershilfe von Wilhelmine Lübke, die Stiftung für behinderte Erwachsene von Frau Heinemann. Ich nenne noch Frau Dr. Scheel - die Krebshilfe, multiple Sklerose, oder Frau Dr. Carstens, Fördergemeinschaft für Natur und Medizin.
Gleichwohl ist es richtig, daß alle diese Partnerinnen und Partner von Regierungschefs eigentlich auch in das Erscheinungsbild des Amtes einbezogen waren. In der heutigen Zeit stellt man sich nun mal einen Mann mit einer Frau und eine Frau mit einem Mann vor. So kommt es auch, daß die Partnerinnen und Partner
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am Geschäft teilnehmen. Es wäre geradezu komisch, wenn das nicht der Fall wäre, wenn also der Ministerpräsident immer allein auftreten müßte und umgekehrt.
Dies erreicht der Bürger über den Petitionsausschuß. Wer ist das? Ich weiß nicht mal, wer es ist. Es ist eine Institution. Die Person jedoch ist greifbar. Wir müssen es so farbig und plastisch sehen, wie es ist. Durch diese Funktion nimmt sie an den Staatsgeschäften teil. Es ist in den Ländern, die ich untersucht habe - das sind Niedersachsen, Hamburg, Baden-Württemberg - so, daß das Büro des Ministerpräsidenten zum Beispiel regelmäßig den Terminkalender der Frau des Regierungschefs führt, die Post erledigt, die Antworten vorbereitet, die Informationen nach beiden Seiten richtet. Die Frau des Ministerpräsidenten informiert über das, was im Lande Ios ist und auch umgekehrt. So wird der Ministerpräsident und über ihn auch das Parlament informiert.
Ich glaube, unsere Betrachtung wäre falsch, wenn wir glaubten, daß aus dem Büro der Frau des Ministerpräsidenten Staats- oder Hoheitsakte ergehen. Meiner Information nach ist das nicht der Fall. Es werden keine Sachen geregelt oder entschieden. Das wäre ja noch schöner. Vielmehr gibt die Frau des Ministerpräsidenten eine Zwischennachricht. Sie sagt: Ich habe mit Betroffenheit oder mit Freude Kenntnis genommen von dem und dem. Ich werde tun, was ich kann um usw. Dann geht es an die Regierung, die Ihnen und dem Land gegenüber verantwortlich ist. Wenn eine Entscheidung notwendig ist, weil etwas falsch gelaufen ist, kommt die Entscheidung von dort, und sie ist folglich vor den Verwaltungsgerichten auch angreifbar. So muß man sich das vorstellen. Deswegen müssen wir versuchen, die Aufgabe dieses Büros als eine Hilfseinheit für einen dritten zusätzlichen Kanal des Zugangs der Bürger zum Staat zu begreifen. Ich beneide den Freistaat um diesen Kanal.
Herr Prof. Dr. Musall: Herr Bartl, Sie hatten gefragt, ob das Büro Biedenkopf öffentlich-rechtlich wirksam wird. Ich würde die Frage bejahen, wenngleich ich die Bedenken teile, ob wir von einer öffentlichen Beleihung auszugehen haben oder nicht. Das ist sicherlich nicht der Fall. Ich möchte nicht mißverstanden werden, daß ich jetzt die These aufstellen würde, es sei eindeutig eine Beleihung. Es ist für mich nur eine Abgrenzung gegenüber einer rein privaten Tätigkeit vorzunehmen. Ich würde dem Kollegen Lunau widersprechen, daß Frau Biedenkopf nicht als private Dritte auftritt. Ich meine, daß sie in einer öffentlich-rechtlichen Funktion, eingebunden in die Sächsische Staatskanzlei, tätig wird. Inwieweit jetzt im inneren Verhältnis eine Beleihung oder nur ein schlichtes Vertragsverhältnis stattgefunden hat, darüber kann man streiten. Vom Ergebnis her ist das, was nach außen hin geschieht, eine hoheitliche Tätigkeit, und zwar trotz aller Eingrenzungen mit einer möglichen Amtshaftung. Mir geht es um die klare Differenzierung zwischen hoheitlichem Handeln und reinem privatem Handeln außerhalb der Staatsregierung. Für mich ist das, was in dem Büro gemacht wird, ein Teil der Staatsregierung.
Beyer, CDU: Als Vorbemerkung: Ich würde mich in der Wirklichkeit, wie sie Herr Prof. Karpen deutlich macht, wesentlich wohler fühlen, als in dem Konstrukt von Dr. Lunau.
Meine Fragen an die Herren Professoren beziehen sich auf die Legitimation. Wir gehen davon aus, daß wir es nach Art. 83 (2) bei dem Büro mit einer ganz unteren Einrichtung zu tun haben und daß regelmäßig - das wurde heute schon gesagt – in
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der Haushaltsdiskussion über alle Aspekte diskutiert wird und somit regelmäßig mit der Haushaltsberatung die Kontrolle bezüglich des Haushaltstitels, der dann eingestellt wird, gegeben ist. Das Parlament hat also die Möglichkeit, diesen Titel zu suspendieren und nicht mehr in den Haushalt einzustellen. Ich hätte gern gewußt, ob die These von Herrn Lunau aufrechtzuerhalten ist, daß das Büro nicht durch Verfassungsorgane legitimiert sei.
Danke.
Herr Prof. Dr. Musall: Ich würde der von Herrn Lunau aufgestellten These, daß es an einer Legitimation fehle, eindeutig widersprechen. Ich bin der Auffassung, daß die Einrichtung dieses Büros demokratisch legitimiert ist. Die Kontrolle durch die Verfassungsorgane ist gewährleistet. Es gibt für mich kein Defizit im Hinblick auf die Legitimation. Das hat die Diskussion deutlich gezeigt. Es ist eine klare Aussage. Ich sehe keine Probleme hinsichtlich der Legitimation.
Herr Prof. Dr. Karpen: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Herr Dr. Lunau: Ich habe vorhin meine Position deutlich skizziert. Ich glaube, dem ist im Moment relativ wenig hinzufügen.
Schiemann, CDU: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Herr Prof. Musall, es war ein kleines Mißverständnis. Ich hatte darauf hingewiesen, daß die Gesetzgebungsverfahren seit 1995 ein Maß an Transparenz und Demokratie beinhaltet haben, mit denen man sich auseinandersetzen konnte. Es kam die Frage, ob das im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle spielte und wie Sie das von außen bewerten.
Meine Fragen konzentrieren sich auch darauf. Dies war letztlich auch Gegenstand des Antrages der Antragsteller. So, wie ich das jetzt den Antworten entnommen habe, kann man den Petenten nicht vorschreiben, welche Form der Petition sie anwenden. Herr Dr. Lunau, Sie haben ausdrücklich auf das Petitionsrecht hingewiesen, das mehr oder weniger im Sächsischen Landtag verankert ist. Es bleiben aber die anderen Möglichkeiten außen vor.
Jetzt habe ich eine Frage an alle drei Sachverständigen: Haben denn die Petenten nicht das Recht, selbst zu entscheiden, an wen sie sich wenden? Frage 1 ist also, ob es nicht auch verfassungskonform wäre, es ihnen zu überlassen.
Meine Frage 2 bezieht sich nochmals auf die Transparenz zur Verwendung der Mittel nach dem Haushaltsgesetz und auf die Möglichkeit der Prüfung durch den Landesrechnungshof nach Art. 100. Wäre das als ein zusätzliches Instrument der Prüfung ausreichend?
Die dritte Frage geht an Sie, Herr Prof. Dr. Karpen: Sie hatten geäußert, es wäre angebracht, daß das Büro von Frau Biedenkopf auch zur Arbeit und zu den Ergebnissen berichte. Das wäre sicherlich auch ein Beitrag hinsichtlich einer zusätzlichen Transparenz. Könnten Sie das noch zusätzlich bewerten?
Herr Prof. Dr. Karpen: Herr Abg. Schiemann, mir lag vorhin, obwohl ich in meinem Eingangsstatement wenig Zeit hatte, daran, deutlich zu machen, daß wir es im
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besten Sinne mit dem schlichten Bürger zu tun haben, der von den Dingen, über die wir jetzt reden, also von Regierung, Organisationsgewalt, Petitionsausschuß, Parlament, Kontrollrecht, nur wenige Kenntnisse hat. Er hat seine Sorgen oder etwas Erfreuliches vorzutragen. Vielleicht will er sagen, er finde die Regierung in diesem Fall toll und in einem anderen Fall nicht. Der Bürger – jeder, der Abgeordneter ist, weiß das aus seinem Wahlkreis - hat undifferenziert seine Lebenserfahrung und möchte diese mitteilen. Es ist selbstverständlich, daß er die Form wählen muß und wählen darf, die ihm richtig erscheint.
Aufgabe der Regierung und des Parlaments ist es, diese Petition einigermaßen nach den Zuständigkeiten zu ordnen. Das geschieht auf Grund einer Dienstanweisung in der Staatskanzlei. Diese Dienstanweisung lautet etwa so, wie ich es vorgetragen habe. Wenn klar ist, daß der Bürger gegen die Regierung beim Parlament Einspruch erheben möchte, weil der Bürger gelernt hat, daß das Parlament, das er wählt, die Regierung kontrolliert, dann muß es sofort an den Petitionsausschuß. Wenn aber klar ist, daß der Petent zum Beispiel die Baubehörden angreifen will, weil das Baugesetz so und so ist, dann muß das zum Minister und muß überprüft werden. Auf keinen Fall darf es so sein, daß die Frau des Ministerpräsidenten interne Informationen einholt, selbst eine Entscheidung trifft und sagt: Ihnen ist Unrecht geschehen usw. Vielmehr muß es so sein, daß die Frau des Ministerpräsidenten bzw. ihr Büro eine Art Clearing-Stelle für die Petitionen wird, die Petitionen erhält, weil sie den Zugang - wir nennen es so - zum Machthaber hat. Das weiß der Bürger. Sie hat den persönlichsten Zugang zum Machthaber, also zum Regierungschef. Sie ist im Unterschied zum Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Sächsischen Landtages in Dresden in sichtbare Person.
Es muß also dem Bürger offen bleiben. Aufgabe des Parlaments, der Regierung und unserer Runde jetzt ist es, Wege zu suchen, wie man das erhalten kann, ohne die Gewaltenteilung und unser System der gegenseitigen Kontrolle zu verletzen.
Ihre zweite Frage betraf die Kontrolle der Mittel. Dazu ist hinlänglich gesprochen worden. Es steht im Haushalt, es kann kontrolliert werden, und das geschieht durch den Rechnungshof.
Ich möchte noch etwas im Hinblick auf eine Frage sagen, die vorhin gefallen ist und die die Drittmittel betraf. Es mag sehr wohl sein, daß jemand sagt: Sie sind eine für das Land wichtige Frau - ich möchte Ihnen 20 000 Mark geben. Es geht meiner Auffassung auf gar keinen Fall, daß diese Drittmittel vom Büro in einer eigenen Kasse verwaltet werden. Ich möchte es nicht schwarze Kasse nennen, weil wir damit schlechte Erfahrungen haben. Es geht auf keinen Fall. Diese Mittel sind, wenn sie eingehen, öffentliche Mittel. Sie sind dem Büro als Clearing-Stelle zugedacht und müssen verbucht werden. Das gilt auch für das Gemälde mit dem röhrenden Hirsch. Wenn jemand sagt: Sie haben mir so geholfen, Frau Biedenkopf; ich schenke Ihnen das Gemälde mit dem röhrenden Hirsch, dann muß das Gemälde in den Staatsfundus. Ob es dann ausgestellt werden sollte, das weiß ich nicht. Aber es muß in den Staatsfundus. Das ist Aufgabe des Büros und Aufgabe des Chefs der Staatskanzlei. Letztlich ist auch von der Dienstaufsicht die Rede gewesen.
Zur Transparenz. Weil es hier ein Problem ist, das anderswo keines ist, und weil es hier besonders etatisiert ist, könnte ich mir vorstellen, daß das Büro der Frau des Ministerpräsidenten gewissermaßen eine Strichliste führt und sagt: Es kommen
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soundso viele Eingaben, die sich mit unserer Bauverwaltung beschäftigen. Die Polizei arbeitet gut, aber da ist sie noch sehr autoritär. Meine Rente usw. Das sind die klassischen Gebiete. In Hamburg sind 50 % der Eingaben Asylfälle. Frau, Kinder usw. Das sollte aufgeschlüsselt werden. Die Leute kommen hierher, weil offenbar die Asylgesetzgebung ein Loch oder Ergänzungsbedarf hat. Ich würde mir wünschen, daß das Parlament und, die Öffentlichkeit die volle Information haben. Der Petitionsausschuß muß regelmäßig in einer Drucksache berichten. Über die meisten Petitionen muß das Parlament entscheiden. Damit ist die Transparenz vorhanden. Das ist hier vielleicht nicht gewährleistet. Ich kann es nicht beurteilen. Wenn ich aber in der Staatskanzlei wäre, würde ich diese zusätzliche Informationslast auf mich nehmen.
Ich könnte mir sogar vorstellen, daß das Büro, ob nun in Gestalt der Frau des Ministerpräsidenten oder auf eine andere Weise, einmal im Jahr eine Pressekonferenz gibt und sagt, was an das Büro herangetragen worden ist. Ich fände das gut. Ich finde, daß die Bürger aufgeklärt werden sollten. Das ist auch im Petitionsausschuß so. Das könnte man alles regeln. Damit würde deutlich werden, daß diejenigen, die Bedenken haben, vielleicht die bestmögliche Information erhalten, damit das, was an Sorgen der Bürger vorhanden ist, in diesem Falle die Staatskanzlei in Gestalt der Frau des Ministerpräsidenten erreicht.
Herr Dr. Lunau: Herr Abg. Schiemann, selbstverständlich soll den Petenten das Recht und die Möglichkeit gegeben und belassen werden, frei zu entscheiden, an wen Sie sich mit ihren Bitten, Wünschen und Anliegen wenden. Ich glaube, eine effektive Einschränkung ist - zum Glück - gar nicht möglich. Darauf, an wen sich die Petenten wenden, hat ohnehin im Bereich der Staatsverwaltung niemand Einfluß. Ich habe auch Erfahrung mit Petitionen gemacht. In Anwaltsakten kommt das durchaus vor. Es ist erstaunlich, welchen Verteilerschlüssel Petitionen manchmal aufweisen. Das heißt, daß die Schreiben in vielfacher Ausfertigung an viele Stellen zugleich gesandt werden. Ich denke, wir müssen kaum die Sorge haben, daß derjenige, der sich an den Petitionsausschuß wendet und denkt, die Sache sei möglicherweise bei Frau Biedenkopf besser aufgehoben, sich nicht auch dorthin wenden wird. Deshalb glaube ich, daß es dort weder Regelungsbedarf gibt, noch daß man ernstliche Sorgen haben müßte.
Das Problem scheint vielmehr in der Frage zu liegen, inwieweit es sein kann, daß einfach durch die tatsächliche Wirkung der Tätigkeit von Frau Biedenkopf eine Verlagerung von Funktionen stattfindet. Wenn in dem einen oder anderen Fall tatsächlich die Erfahrung gemacht worden ist, daß dann, als man sich an Frau Biedenkopf gewandt hat, etwas passiert ist, vorher aber beim Petitionsausschuß nichts passiert ist und sich das rumspricht, dann besteht die Gefahr, daß die Leute anfangen, sich nicht an den Petitionsausschuß als eine verfassungsrechtlich dafür vorgesehene Stelle zu wenden, sondern an die Frau des Ministerpräsidenten. Wie man damit umgeht, das ist eine andere Frage. Ich möchte nur auf das Problem aufmerksam machen.
Insofern glaube ich, daß die haushaltsrechtliche Frage, um die es hierbei geht, ohnehin keinen Einfluß darauf haben wird, ob die Frau des Ministerpräsidenten von dem Petenten in irgendeiner Form bemüht wird oder nicht. Letztlich weiß ich das insbesondere vom früheren Oberbürgermeister der Stadt Dresden. Dessen Frau hat sich auch um solche Dinge bemüht, insbesondere um Probleme, die die
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Stadtverwaltung betrafen. Angemerkt sei an dieser Stelle, daß der Stadthaushalt deswegen keine Stelle und auch kein Büro vorsieht.
Zu der Frage der Prüfung durch den Landesrechnungshof. Sie hatten angefragt, ob es notwendig sei, das in einer gesonderten Art und Weise zu regeln oder zumindest durch den Landtag die Initiative zu ergreifen. Meiner Auffassung nach ist unabhängig davon, ob Sie meinem Modell, daß es sich um eine Zuwendung handelt, oder dem Modell meiner Kollegen, daß es sich um die Tätigkeit der Staatsverwaltung handelt, folgen, ein Prüfungsrecht des Landesrechnungshofs gegeben, so daß Sie das nicht gesondert regeln müssen.
Zur Frage, inwieweit das den Landtag betrifft. Das ist Aufgabe der Abgeordneten; diesbezüglich kann ich meinem Kollegen Prof. Karpen nur zustimmen. An dieser Stelle müssen einfach die Parlamentarier von ihren Rechten Gebrauch machen. Inwieweit Sie speziell aktiv werden und mit Hilfe von Anfragen etwas stärker in die Tiefe gehen, ist Ihre Sache. Der Landesrechnungshof wird nicht in jedem seiner Berichte sich speziell zu diesem Büro äußern. Er wird nicht zwingend in jedem seiner Berichte Prüfungen, die in die Tiefe gehen, vornehmen, vor allem, was die Zweckbindung anbetrifft. Ich denke, es ist notfalls erforderlich, daß die Abgeordneten selber in irgendeiner Form aktiv werden.
Herr Prof. Dr. Musall: Herr Abg. Schiemann, die Petition ist ein nicht förmlicher Rechtsbehelf. Das hat ganz bewußt zur Konsequenz, daß der Petent einen großen Spielraum hat bezüglich der Frage, an wen er sich wendet und mit welchen Anliegen er an öffentliche Stellen herantritt. Es ist Aufgabe der Stelle, an die die Petition gerichtet wird, zu prüfen, wer im Sinne einer Beantwortung zuständig ist. Das ist oft sehr schwierig, weil die Petitionen oftmals sehr breit gestreut sind und auf den ersten Blick schwer zu erkennen ist, wer der Ansprechpartner ist. Insofern würde ich die Frage, die Sie gestellt gaben, ob der Petent das Recht hat zu entscheiden, an wen er sich wendet, eindeutig bejahen. Das Recht hat er. Es ist Verantwortung der staatlichen Stellen, sich intern zu bemühen, dem Petenten eine sachgerechte Antwort zu geben.
Auswirkungen auf die Frage, inwieweit das die Einrichtung des Büros von Frau Biedenkopf tangiert, sehe ich nicht. Das ist unabhängig davon, weil ich auch anders als Herr Kollege Lunau den Art. 35 nicht als maßgebliche Grundlage für die Einrichtung dieses Büros sehe. Ich sehe eher das Problem, inwieweit sich das Büro unter Umständen negativ auf den Art. 35 auswirkt. Herr Lunau hat es mit seiner Befürchtung angedeutet, daß der Petitionsausschuß in seiner Wirkung beeinträchtigt sein könnte, weil man sich an das Büro Biedenkopf wendet und glaubt, dies sei effektiver. Allerdings sind meiner Erkenntnis nach die Zahlen der Petitionen seit dem Bestehen des Büros nicht wesentlich zurückgegangen. Es wäre anderenfalls interessant, dort nach Ursachen und Folgen zu forschen. Es ist aber, soweit ich informiert bin, eher so, daß die Zahl der Petitionen angestiegen ist, obwohl das Büro schon seit geraumer Zeit besteht. Ich sehe also diese Befürchtung nicht.
Vors. Schimpff, CDU: Schönen Dank. Die nächsten sind in der Reihenfolge Herr Friedrich, Herr Weckesser, Herr Bartl, Herr Friedrich, bitte.
Dr. Friedrich, PDS: Ich stelle fest, daß wir die Rechtsnatur des Büros Frau Biedenkopf nicht endgültig klären konnten. Trotzdem steht für mich fest, daß in
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diesem Büro personenbezogene Daten verarbeitet werden - wie denn sonst? -, und zwar - in dieser Aussage gehe ich sicherlich nicht fehl - automatisiert. Nun ist bekannt, daß wir in Sachsen - ich sage: zum Glück! - ein recht rigides Datenschutzgesetz haben. Um es auf den Punkt zu bringen - ich will hier nicht alles zitieren -: Die Datenverarbeitung und speziell die automatisierte Datenverarbeitung kann nur zweckgebunden auf entsprechender Rechtsgrundlage erfolgen.
Mich interessiert von allen drei Sachverständigen, ob sie den schon mehrfach genannten Organisationserlaß oder die Organisationsordnung zur Einrichtung des Büros und die Haushaltsbeschlüsse, die das Parlament faßt, als eine ausreichende Rechtsgrundlage für diese automatisierte Datenverarbeitung betrachten.
Vors. Schimpff, CDU: Herr Karpen beginnt, bitte.
Herr Prof. Dr. Karpen: Eine knappe Antwort: Meine Grundauffassung ist, daß die Einrichtung des Büros Frau Biedenkopf Teil der Organisationsgewalt der Landesregierung ist und auf Artikel 60 und detailliert Artikel 85 der Landesverfassung in Zusammenhang mit der internen Dienstordnung als einer Verwaltungsvorschrift beruht. Das reicht aus und es ist selbstverständlich, daß all die Sicherungen, die das Landesdatenschutzgesetz und das Bundesdatenschutzgesetz vorsehen, also die Schwärzung der Daten, wenn es nach außen geht usw., eingehalten werden müssen.
Vors. Schimpff, CDU: Herr Lunau, bitte.
Herr Dr. Lunau: Ich sehe, ehrlich gesagt, das Problem aus anderen Gründen nicht so scharf, wie Sie es möglicherweise im Moment ins Auge gefaßt haben, und zwar aus folgendem Grunde: Man muß davon ausgehen, daß derjenige, der sich mit einem Anliegen an das Büro von Frau Biedenkopf wendet, gerade möchte, daß zumindest im Rahmen der Bearbeitung seines Anliegens mit den Daten umgegangen wird. Das heißt; man wird davon ausgehen müssen, daß, wenn auch nicht ausdrücklich erklärt - aber das tun Petenten gegenüber dem Petitionsausschuß auch nicht -, derjenige, der sich mit einer solchen Bitte an dieses Büro wendet, wohl mit einer Bearbeitung und Verarbeitung der damit verbundenen Daten so weit einverstanden ist, wie es die Bearbeitung und Verarbeitung der Daten erforderlich macht.
Problematisch wird es natürlich in dem Bereich, wo es dieses Büro verlässt und wo es darum geht, nach außen hin tätig zu werden. Aber dort, denke ich, ist tatsächlich durch die Vorschriften, die es im Moment gibt, die ja für die Staatsverwaltung relativ zwingend sind, das heißt sehr rigide, wie Sie selber gesagt haben, mit Sicherheit ein ausreichender Schutz gegeben. Diesbezüglich habe ich keine Sorge.
Es ist hier eher die Frage: Wie wäre damit umzugehen, wenn Sie meiner Auffassung folgen und davon ausgehen, daß es sich um private Dritte handelt? Denn dort existieren rigide Vorschriften dieser Art nicht oder nur eingeschränkt. Aber selbst da würde ich davon ausgehen, daß derjenige, der sich an dieses Büro wendet, natürlich möchte, daß mit den Daten auch umgegangen wird.
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Insofern habe ich datenschutzrechtliche Bedenken im Moment also nicht. Meine Erfahrung ist tatsächlich eher, daß Petenten mit ihrem Anliegen, mit ihrem Problem nach außen wollen.
Herr Prof. Dr. Musall: Herr Abgeordneter Friedrich, ich gehe von der These aus, daß es sich bei dem Büro um einen Teil der Staatsverwaltung handelt. Dann gilt nach § 2 Abs. 1 des Sächsischen Datenschutzgesetzes das Datenschutzgesetz für alle öffentlichen Stellen, es hat also einen ganz breiten Anwendungsbereich. Selbst wenn man darüber diskutiert, wie die Konstruktion im Einzelnen ist, ist eine öffentliche Stelle auf jeden Fall gegeben, es sei denn, man geht von der These des Kollegen Lunau aus und spricht von einem privaten Dritten. Aber wenn Sie von einer öffentlichen Stelle ausgehen, gilt das Datenschutzgesetz uneingeschränkt. Weiterer Handlungsbedarf besteht aus meiner Sicht nicht.
Vors. Schimpff, CDU: Die nächste Frage stellt der Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses, Herr Weckesser. Bitte.
Weckesser, PDS: Vielen Dank, Herr Vorsitzender.
Meine Frage richtet sich vorrangig an Herrn Professor Karpen. Im Prinzip sind es drei Fragen, aber sie hängen miteinander zusammen.
Das Bild vorhin mit dem Küssen des Rockes des Monarchen im Vorüberreiten hat ein bißchen auf die zugrunde liegende Problematik hingewiesen, um die es hier in Wahrheit geht. Es geht ja nicht um die 35 000 DM.
Wenn eine Staatsverwaltung Strukturen einrichtet, sei es im Auftrage des Parlaments mit Gesetz oder sei es aus diesem Passus, der schon mehrfach zitiert wurde, dann glaube ich zumindest, daß doch regelmäßig davon ausgegangen werden kann, daß eine solche Stelle, also eine öffentliche Stelle, eine staatliche Stelle, personenunabhängig ist. Also, wir richten zum Beispiel kein Kolbe-Ministerium ein, sondern ein Justizministerium. Sonst hätten wir das Problem gehabt, das Ministerium kurzfristig umbenennen zu müssen. So brauchten wir nur den Minister zu wechseln, als es erforderlich war.
Die Frage ist dann: Einmal angenommen, aus welchem Grund auch immer, der Ministerpräsident wechselt, bleibt dann die Frau Biedenkopf oder muß das Büro umbenannt werden und heißt es dann zukünftig Milbrandt-Büro oder wie auch immer das ausgehen wird?
Zweitens: Herr Professor Karpen, wenn ich Ihrer Information folge und in der Antwort der Staatsregierung auf den Berichtsantrag lese, daß die Zahl der Schreiben an das Büro Frau Biedenkopf sprunghaft angestiegen sei, so daß ich von einem erhöhten Arbeitsaufwand ausgehe, halten Sie es dann in dieser Konsequenz auch für möglich, daß Büro zum Beispiel um weitere Familienangehörige aus dem Hause Biedenkopf zu erweitern?
Drittens und letztens: Sie hatten hier eine Formulierung gebraucht zum Umfang mit Spenden, Drittmitteln usw. Diesbezüglich schließe ich mich Ihnen voll an. Mein Problem ist nur: Eine solche Frage wurde ja im Antragstext unter Nummer 6 klar
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gestellt. Aus der Antwort der Staatsregierung geht aber genau das nicht hervor. –
Danke.
Vors. Schimpff, CDU: Alle diese Fragen gehen an Sie, Herr Karpen. Sie haben das
Wort.
Herr Prof. Dr. Karpen: Zunächst, Herr Abgeordneter. Zwar bin ich sentimental und
ein Mensch mit Herz, aber vom Küssen des Gewandes habe ich nicht geredet, sondern nur vom Erhaschen des Gewandes. Küssen tue ich nur meine Frau.
(Heiterkeit)
Aber ich wollte zur Frage 1 Folgendes sagen: Herr Abgeordneter Weckesser, Sie haben Recht, die Verfassung kennt Institutionen und keine Personen. Die Monarchie ist vorbei, wo der Monarch in Person mit seiner Familie da steht, sondern die Verfassung kennt Institutionen, nicht Personen. Insofern ist dieses Büro institutionell.
Allerdings ist dieses Büro institutionell verkoppelt mit der Frau des Ministerpräsidenten. Wenn ein neuer Ministerpräsident ins Amt kommt, ist jedenfalls die Spitze dieses Büros erloschen. Es bleibt das Büro einer Bürgerbeauftragten oder wie auch immer. Das Parlament kann dann entscheiden, Herr Abgeordneter Weckesser, ob für den Nachfolger das Büro fortgeführt werden soll oder nicht. Das ist Ihre Entscheidung.
Das heißt also, solange es im Haushalt drin ist, könnte zum Beispiel der neue Ministerpräsident seine Frau dort in das Amt bringen. Frau Biedenkopf scheidet in jedem Falle aus. Aber die Entscheidung ist dann frei und Sache des Parlaments, ob das Büro fortgeführt werden soll.
Die dritte Frage ist, ob das Büro auf weitere Familienmitglieder erweitert werden soll. Ich will da jetzt nicht spekulieren, aber meine erste Antwort wäre: Nein. Ich habe das ja an mehreren anderen Beispielen ausgeführt, Hamburg, Berlin, die Bundesregierung. Meines Erachtens ist das verknüpft mit der Lebenspartnerin, mit der Ehepartnerin oder wie Sie es haben wollen des Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin.
Hinsichtlich der Drittmittel will ich darauf beharren: Wenn Drittmittel eingehen, müssen sie nachgewiesen werden und in den Staatshaushalt eingehen. Es darf kein Schattenhaushalt in dem Sinne entstehen, daß das Büro der Frau des Ministerpräsidenten Dinge nimmt und auch wieder freihändig ausgibt, sozusagen nur selbst ein kleines Buch führt.
Insofern sage ich, ohne auf die Frage der Beleihung eingehen zu wollen: Sie hat ein Quasi-Amt. Und das sagt es auch. Das Amt ist eine Institution. Sie ist eine Person, aber sie hat das Quasi Amt der Frau des Ministerpräsidenten. Deswegen erlischt diese Funktion, wenn der Mann nicht mehr Ministerpräsident ist. Sie können dann frei entscheiden, wie Sie damit weiter verfahren wollen.
Vors. Schimpff, CDU: Danke schön, Herr Kollege Karpen. Wir haben jetzt noch zwei
Fragesteller. Ich denke, mit Ihnen beiden, Her- Bart) und Herr Schiemann, werden wir dann die Anhörung abschließen.
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(Beyer, CDU: Ich habe noch eine kurze Frage!)
Dann frage ich sicherheitshalber: Außer Herrn Bartl und Herrn Schiemann kommt noch eine kurze Frage von Herrn Beyer. Sind weitere Fragen vorgesehen? - Nein. Dann schließen wir die Frageliste mit diesen drei Herren. - Herr Bartl, bitte.
Bartl, PDS: Ich will mich nicht an der Spekulation beteiligen, ob das nun, wie das Herr Beyer sagte, eine ganz untere Einrichtung ist. So will ich das nicht desavouieren. Ich glaube, das Bild des Herrn Professor Karpen, daß das eher der Kanal ist, wo man diesen Rockzipfel des Monarchen erhaschen kann, trifft es eher.
Mein Problem ist letzten Endes: Ich verstehe den Gedankengang des Herrn Professor Karpen, daß er sagt, es sei ein Wert, ein solches Büro zu haben. Der Bürger hat einen weiteren Zugang und finden Sie einen Weg, es legislatorisch oder wie auch immer zu legitimieren.
Jetzt ist mein Problem Folgendes - und diese Frage noch einmal an alle drei Herren Sachverständigen -: Ist die Tätigkeit des Büros Ingrid Biedenkopf eine Tätigkeit, die quasi die Bearbeitung von Bitten und Beschwerden im Sinne des Artikels 35 betrifft? Diese Frage wurde im Laufe der Stellungnahmen unterschiedlich beantwortet, auch, wie ich es empfunden habe, von den einzelnen Sachverständigen im Laufe ihrer Darlegungen unterschiedlich.
Wenn nein, was ist Gegenstand dieser Tätigkeit? Ich rede jetzt nicht von der mildtätigen oder von der Stiftungstätigkeit, sondern von der Bearbeitung konkreter Bürgeranliegen, von Eingaben, wie das zu DDR-Zeiten hieß und wie es auch in der Stellungnahme der Staatsregierung heißt. Wenn nicht, was ist es dann? Denn eine andere staatliche Tätigkeit kann nach Artikel 83 Abs. 2 - so lese ich die Verfassung - definitiv nur von staatlichen Behörden verrichtet werden. Es ist auch in der Kommentierung der eigenen Verfassung gesagt - hier greife ich einmal auf den Kurzkommentar von Kunzmann, Haas, Baumann-Hasske und Bartlitz zurück -, daß eben die Organisationsgewalt, das heißt die Befugnis zur Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Verwaltungsträgem und Verwaltungsorganen, Gegenstand ist.
Wenn die Tätigkeit des Büros aber unter den Artikel 35 fällt, dann meine Frage: Wie paßt das mit Satz 2 des Artikels 35 zusammen, der da lautet: "Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener Frist."?
Vors. Schimpff, CDU: So, das war die Frage. Es beginnt Herr Musall. Bitte.
Herr Prof. Dr. Musall: Herr Abgeordneter Bartl, ich bin der Auffassung, daß das Büro Biedenkopf keine zuständige Stelle im Sinne des Artikels 35 der Verfassung ist, das heißt also kein ausdrückliches Petitionsorgan, also die Rechtsgrundlage nicht in Artikel 35 der Verfassung hat, sondern in Artikel 83 und in der Organisationsgewalt der Staatsregierung. Das heißt, daß innerhalb der Staatskanzlei eine weitere Stelle eingerichtet worden ist, die aber nicht als Petitionsstelle im Sinne des Artikels 35 zu sehen ist.
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Insofern habe ich da eine klare Abgrenzung. Ich hätte auch eher das Problem gesehen, über das wir auch hier diskutiert haben, inwieweit dieses Büro unter Umständen die in Artikel 35 genannten Organe und Einrichtungen, zunächst das Parlament und die anderen zuständigen Stellen, beeinträchtigen könnte, indem durch dieses Büro noch etwas Zusätzliches gegeben wird, was mit der eigentlichen Aufgabenstellung nach Artikel 35 kollidieren kann.
Ich habe diese Frage allerdings verneint, weil ich der Meinung bin: Es ist ein zusätzliches Angebot und es gibt eben nicht diese rechtlichen Kompetenzüberschreitungen. Aber es bleibt nach meiner Auffassung dabei: Es ist keine zuständige Stelle im Sinne des Artikels 35 der Verfassung, sondern ein Teil der Sächsischen Staatskanzlei und damit eine öffentliche Stelle, aber außerhalb des Artikels 35. So ist meine Rechtsauffassung.
Vors. Schimpff, CDU: Danke schön. Als nächster Herr Lunau. Bitte.
Herr Dr. Lunau: Ich folge meinem Vorredner insoweit, als auch ich der Auffassung bin, daß es keine zuständige Stelle im Sinne von Artikel 35 ist, wiewohl ich ihm dann in der Schlußfolgerung, die er zieht, oder in der anderen Annahme, von der er ausgeht, indem er sagt, das sei Teil der Staatskanzlei, nicht folge. Für mich ist es eine private dritte Person, so daß Satz 2 des Artikels 35 selbstverständlich auf sie nicht anzuwenden ist.
Vors. Schimpff, CDU: Bitte sehr.
Herr Prof. Dr. Karpen: Kern des Problems, das wir zu behandeln haben, ist der Artikel 60, der die Regierungsbildung betrifft. Das heißt, der Ministerpräsident hat aufgrund seines materiellen Regierungsauftrages die Organisationskompetenz, die Landesregierung zu organisieren. Artikel 83 trifft nicht zu; denn er betrifft die Verwaltungsorganisation, die Regierungspräsidien usw. usf. Sedes materiae ist also Artikel 60, die Organisationsgewalt des Ministerpräsidenten in der Organisation der Staatskanzlei und der Ministerien.
Die Einzelheiten sind in § 13 der Dienstordnung für die Behörden vom 14. Januar 1999 geregelt. Dort steht: "Die Behörden sind klar, einfach und übersichtlich zu gliedern." - Dann steht in Absatz 4: "Grundeinheit der Behörde ist das Referat bzw. die an seine Stelle tretende Organisationseinheit, soweit die Eigenheit der bestimmten Aufgabe das erfordert (zum Beispiel Beauftragter für Bürgerangelegenheiten)." Das ist die Rechtsgrundlage für den Bürgerbeauftragten in der Staatskanzlei.
Ein solcher Klammerzusatz ist für das Büro von Frau Biedenkopf nicht drin. Folglich trifft § 13 Abs. 2 Satz 2 zu. Dort steht nämlich: "Oberste, obere und mittlere Landesbehörden gliedern sich in Referate, Abteilungen und die Behördenleitung. Andere Organisationseinheiten können gebildet werden, wenn es die Eigenart der Aufgabe rechtfertigt."
Der Ministerpräsident und die Staatsregierung waren der Auffassung, daß die Eigenart der Aufgabe, Zugang für den Bürger zu verschaffen, es rechtfertige, ein Büro der Frau Biedenkopf einzurichten. Folglich ist § 13 Abs. 2 Satz 2 die Rechtsgrundlage für das Büro Frau Biedenkopf. Folglich ist das Büro Frau
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Biedenkopf nach der Dienstanweisung und dem Artikel 60 Grundlage dafür, daß das Büro der Frau Biedenkopf als eine zuständige Stelle im Sinne des Artikels 35 zu betrachten ist; denn Artikel 35 sagt: "Jede Person hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden." Sie sind Adressaten, wenn es sich um Petitionen an das Parlament handelt. Das Büro der Frau Biedenkopf und der Bürgerbeauftragte sind Adressaten und damit zuständige Stellen, wenn der Artikel 35 außerhalb der Petitionen an den Landtag zur Anwendung kommt.
Vors. Schimpff, CDU: Danke, Herr Karpen, und danke, Herr Lunau. Ich bin vorhin in der Schnelligkeit nicht dazu gekommen. Herr Karpen hatte schon auf den Knopf gedrückt. - Es gibt eine Nachfrage von Herrn Bartl. Bitte.
Bartl, PDS: Ich hätte gern gewußt, wie Herr Professor Karpen mit Satz 2 des Artikels 35, umgeht: "Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener Frist."
Herr Prof. Dr. Karpen: Das habe ich ja ausgeführt. Die Frau des Ministerpräsidenten hat in ihrem Büro eine Verteilungs- und Clearing-Funktion. Sie erteilt Zwischenbescheide, das und das kann getan werden, und gibt die Dinge weiter, und zwar, wenn eine nähere Analyse der Eingabe darauf hinweist, daß es sich um eine Petition an den Landtag handelt, an den Petitionsausschuß, bzw. sie nimmt Kontakt mit der Landesregierung auf. Es ergeht ein abschließender Bescheid, aber nicht durch Frau Biedenkopf. Ich würde darauf beharren, daß die sachliche Entscheidung durch die zuständigen Stellen in der Regierung bzw. im Parlament erfolgt.
Vors. Schimpff, CDU: Danke, Herr Karpen. Als nächster und fast letzter fragt Marko Schiemann. Bitte.
Schiemann, CDU: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt sehr umfassend festgestellt, daß das Büro Teil der Staatsverwaltung ist. Wir haben uns der Frage gestellt, ob die Verwendung der öffentlichen Mittel verfassungsgemäß ist und einer entsprechenden verfassungsgemäßen Kontrolle unterliegt. Das Letzte hat jetzt noch einmal klargestellt, daß Frau Biedenkopf keine Entscheidung in den Sachfragen zu treffen hat. Angesprochen worden sind in dieser Anhörung die Haushaltskontrolle, die umfassende Kontrollmöglichkeit des Parlamentes laut sächsischer Verfassung und ausdrücklich nochmals die Prüfung durch den Landesrechnungshof.
Ich glaube, das gibt mir jetzt noch einmal die Gelegenheit, nach der Anhörung alle drei Experten zu fragen: Können wir der Sache eine Rechtskonformität bescheinigen oder sind Sie da anderer Auffassung? Ich würde alle drei um ganz kurze Antworten bitten.
Vors. Schimpff, CDU: Das war klar gefragt. Wer möchte mit den Antworten beginnen? Herr Musall, bitte.
Herr Prof. Dr. Musall: Ja, Herr Kollege Schiemann, für mich hat die Anhörung bestätigt, daß die Einrichtung dieses Büros verfassungskonform ist. Ich habe also keine Zweifel, daß rechtliche Vorgaben der Verfassung nicht beachtet worden seien. Mich hat die Argumentation des Kollegen Lunau nicht überzeugt, daß dieses Büro
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eine private Dritte als seine Leiterin habe. Auch die Konstruktion, daß hier mit Zuwendungen gearbeitet werde, halte ich rechtlich für nicht tragfähig. Ich bin der Auffassung, daß die rechtlichen Bedenken nicht bestehen. Es ist eine politische Entscheidung einerseits der Staatsregierung, andererseits des Parlamentes, wenn dort die Auffassung besteht, daß man dieses Parlament nicht einrichten sollte. Das hat aber nichts mit verfassungsrechtlichen Vorgaben zu tun, sondern das sind politische Entscheidungen der Verfassungsorgane.
Herr Dr. Lunau: Herr Abgeordneter Schiemann, meine Damen und Herren, die Diskussion hat meine rechtlichen Bedenken nicht zerstreuen können. Ich bin nach wie vor der Auffassung, daß die Konstruktion, die im Haushalt des Freistaates vorgenommen wurde, nichts daran ändert, daß es sich eben nicht um ein Büro für eine Bürgerbeauftragte handelt, sondern um das Büro der Frau des Ministerpräsidenten, um das Büro Frau Biedenkopf. Es besteht also eine klare Bindung an eine Person. Auch meine Kollegen haben aus meiner Sicht meine Ansicht nicht widerlegen können, daß Frau Biedenkopf mit dem Freistaat kein Verhältnis hat, das auf demokratischer Legitimation beruht. Sie ist weder durch Wahlakt noch durch Ernennung als Beamtin in ihr Verhältnisgekommen noch befindet sie sich in einem Anstellungsverhältnis oder einem irgendwie anders gearteten rechtlichen Verhältnis.
Auf dieser Grundlage bleibe ich auch bei meiner Auffassung, daß der Freistaat Frau Biedenkopf gegenüber keinerlei Grundlage für irgendeine Form der Verantwortlichkeit für ihre Tätigkeit hat, so daß man einfach sagen muß, der Freistaat wird hier gegenüber einer Person tätig, indem man ihr Mittel ausreicht und Mittel zur Verfügung stellt, wobei sie sich für den Freistaat nach meiner. Auffassung als private Dritte darstellt.
Herr Prof. Dr. Karpen: Ich habe keine Bedenken gegen die Organisation des Büros Frau Biedenkopf. Ich habe ausgeführt, daß die Grundlage in der Organisationsgewalt der Landesregierung liegt, die durch eine Dienstordnung in größtmöglicher Transparenz veröffentlicht worden ist. Es handelt sich sozusagen um ein Hausgut der Regierung.
Das bedeutet zweitens nicht, daß der Haushaltsgesetzgeber, also das Parlament, in irgendeiner Weise präjudiziert würde. Sie als Abgeordnete sind durch diese Entscheidung der Regierung nicht gebunden; ganz im Gegenteil, es liegt in der Kompetenz des Parlamentes, über diese Einrichtung zu entscheiden im Sinne einer Fortführung, einer Einstellung, und vor allem haben Sie die Möglichkeit, die staatlichen Mittel- und das ist letztlich Ihre Aufgabe - zu kontrollieren und deren Verwendung zu überwachen.
Vors. Schimpff. CDU: Danke schön. Das waren die Antworten auf die Frage von Marko Schiemann. Herr Beyer, bitte.
Beyer, CDU: Eine kurze Frage: Besitzt einer der Sachverständigen eine Information darüber, auf welcher Rechtsgrundlage Frau Schröder-Köpf das Büro im Bundeskanzleramt benutzen wird und ob dafür Mittel im Bundeshaushalt eingestellt sind, die dann auch sichtbar sind, egal ob das einmal von Helmut Kohl angedacht war oder nicht? Danke.
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Vors. Schimpff, CDU: In welcher Reihenfolge möchten Sie antworten? Herr Karpen, bitte.
Herr Prof. Dr. Karpen: Ich habe versucht, das zu recherchieren. Bisher sind das Pläne. Das Büro von Frau Köpf ist wohl noch nicht eingerichtet. Ich weiß, daß Frau Kohl weitgehend außerhalb des Bundeskanzleramtes operiert hat. Ich habe nur recherchiert, daß es im Bundespräsidialamt - und das ist der Sache fast näher, weil Ihr Ministerpräsident ja zugleich die Funktion des Staatsoberhauptes hier in etwa ausübt, jedenfalls der Repräsentant des Staates ist - wie hier ist. Das heißt, die Mittel sind im Haushalt ausgewiesen und es gibt eine interne Dienstanweisung über die Zuordnung zu den einzelnen Abteilungen des Präsidialamtes und die organisatorische Einbindung.
Herr Dr. Lunau: Ich kann nur bestätigen, was mein Kollege Prof. Karpen gerade gesagt hat. Auch mir ist es nicht gelungen, eine Rechtsgrundlage für die Mittel zu finden, die für die Bereitstellung und Einrichtung dieses Büros aufgebracht werden sollen. Nach meiner Kenntnis befindet sich das Ganze noch im Aufbau.
Herr Prof. Dr. Musall: Ich kann dem nichts hinzufügen.
Vors. Schimpff. CDU: Das war knapp und bündig. Ich muß allerdings etwas hinzufügen: Die Verfassungslage in unserem Freistaat ist so, daß der Ministerpräsident zwar die Funktion des Staatsoberhauptes ausübt, aber nicht allein. Wir gehören zu den wenigen Bundesländern, in denen das zwischen Parlamentspräsident und Ministerpräsident aufgeteilt ist.
Im übrigen war, glaube ich, dieser Hinweis interessant; denn in der Tat hat niemand je gefragt - Sie haben es vorhin ausgeführt -, woher die Frauen der Bundespräsidenten die Mittel für ihr Büro beziehen. Abgesehen von einigen wenigen republikanischen Aufwallungen, ist, glaube ich, auch in England bei dem Prinzgemahl Philipp nie gefragt worden, warum sein Terminkalender von einem Sekretär geführt wird.
Mit dieser monarchistischen Erinnerung an die goldene Krone auf dem Dach der Staatskanzlei möchte ich die Anhörung beenden.
Wir haben uns, meine Damen und Herren Abgeordneten, inzwischen über den angedachten Endpunkt der Anhörung von 12 Uhr so weit hinwegbegeben, daß ich die Fortsetzung der Sitzung für 13.15 Uhr einberufe.
Ich danke Ihnen, meine drei Herren Sachverständigen, Herr Karpen, Herr Lunau, Magnifizenz Musall, daß Sie uns hier Rede und Antwort gestanden haben. Ich danke den fragenden Abgeordneten, den lauschenden Vertretern der Staatsregierung. Ich danke besonders, weil das hier immer eine schwierige Aufgabe ist, vor allem wenn die Mikrophone zum falschen Zeitpunkt an- und ausgeschaltet werden, den Stenografen, die das alles aufzeichnen mußten. Ich danke den Vertretern der Öffentlichkeit, besonders der institutionalisierten Öffentlichkeit, daß sie sich durch Mikrophone und Kameras erkennbar gemacht haben.
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Wir werden in der nächsten Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses diesen Antrag zur weiteren Behandlung wieder auf die Tagesordnung nehmen. - Auf Wiedersehen.
(Schluß der Anhörung: 12.20 Uhr)