Pressemitteilung der SPD-Landtagsfraktion, 19.10.2001
Rechtliche Würdigung der Entscheidung des VerfGH zur Angemessenheit der Mieten von MP Biedenkopf in der Schevenstrasse 1 in Dresden
Erstellt durch den SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle und die juristischen Berater der SPD-Landtagsfraktion
Im vorliegenden Verfahren hat die Staatsregierung geltend gemacht, damals das Mietentgelt für angemessen gehalten zu haben und erst nach Beantwortung der Anfrage andere Erkenntnisse hierzu gewonnen zu haben.
Die Verletzung der Abgeordnetenrechte in diesem Punkt hätte also nur festgestellt werden können, wenn bewiesen worden wäre, dass die Regierung schon damals das Mietentgelt nicht für angemessen hielt. Dafür hatte ich erhebliche Anhaltspunkte vorgetragen:
- Die steuerrechtliche Relevanz der Wohnungsnutzung war spätestens seit der Nachversteuerung des geldwerten Vorteils für die Jahre 1990-1997 bekannt.
- Davon wusste auch Staatsminister Brüggen; wieso sollte er erst zwischen dem 26.März und dem 5. April 2001 (FP-Interview) davon erfahren haben.
- Die Antragsgegnerin hatte mehrere Wochen Zeit, meine Anfrage zu beantworten.
- Die Prüfung durch den Sächsischen Rechnungshof, die zur Unterrichtung vom Mai 2001 führte, hatte meines Wissens bereits begonnen, so dass die Aufmerksamkeit der Antragsgegnerin zusätzlich auf den korrekten Vollzug des Haushalts- und Besoldungsrechts in Bezug auf den Ministerpräsidenten gerichtet war.
Und weiter machte ich die Mitteilung, dass die Ermittlungen auf die Anzeige Michael Sturm hin nicht eingestellt sind. Man hätte jetzt also, wie es auch beantragt war, Biedenkopf und Brüggen vernehmen und die Glaubwürdigkeit der Einlassung überprüfen können, die Erkenntnisse zum geldwerten Vorteil seien erst später gereift.
Hier nun greift der VerfGH zu dem Mittel der (verfassungs-)richterlichen Selbstbeschränkung: "Diese Überprüfung ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes." Das heißt: nach den Regeln des Zivil-, Straf- oder Verwaltungsprozesses hätte der Verfassungsgerichtshof nunmehr Anlass gehabt, die Zeugenvernehmungen durchzuführen.
Er hat allem Anschein nach selbst ernstliche Zweifel gehabt, dass die Staatsregierung seinerzeit keine Erkenntnisse zum geldwerten Vorteil hatte. Im Verfassungsprozess überlässt das Gericht die Klärung dieser Frage aber der politischen Auseinandersetzung.
Schlussfolgerungen
- Keineswegs wurden die Mieten als angemessen bezeichnet.
- Keineswegs wurde der Staatsregierung abgenommen, sie hätte keine Erkenntnisse über die Unangemessenheit gehabt. Im Gegenteil: Dies wird als überprüfungsbedürftig angesehen, diese Beurteilung jedoch dem politischen Prozess überlassen. Das ist eine deutliche Distanzierung von der Einlassung der Staatsregierung.