Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 13.07.2009

Angriff dreier Jugendgefangener auf Mithäftling im September 2008

Opposition kritisiert Informationspolitik von Minister Mackenroth
 
Dresden/Regis-Breitingen (okz/ddp/dpa). Der Folterskandal in der Jugendstrafanstalt in Regis-Breitingen (Landkreis Leipzig) ist offenbar kein Einzelfall. Justizminister Geert Mackenroth (CDU) habe am vorigen Dienstag während einer Pressekonferenz eine weitere Misshandlung verschwiegen, berichtet das Nachrichtenmagazin Focus – dieser Gewaltausbruch ereignete sich am 2. September 2008. Zu den drei Beschuldigten zählt auch jener 16-jährige Häftling, der bereits im Mai 2008 einen Mitgefangenen mehrfach gequält und beinahe ermordet haben soll.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig erhob laut Matthias Lau, Sprecher des Justizministeriums, gegen den als brutal geltenden Häftling sowie die beiden mutmaßlichen Mittäter im Alter von 17 und 20 Jahren am 7. April 2009 Anklage wegen Nötigung und gefährlicher Körperverletzung. Das Trio soll einen Mithäftling aus der Zelle gezerrt und kopfüber in eine halbvolle Mülltonne geworfen haben. Als das Opfer sich duschen wollte, wurde der junge Mann mit Schrubbern und Scheuermilch traktiert. Minister Mackenroth hatte zuletzt erklärt, direkt nach dem Folterfall im Mai 2008 seien Maßnahmen zum Schutz vor Übergriffen eingeleitet worden.

Der Rechtsexperte der Linken, Klaus Bartl, kritisierte die Informationspolitik Mackenroths als „endgültig untragbar“. Wer sich so schamlos dazu bekenne, nur das bekanntzugeben, nach dem ausdrücklich gefragt werde, und dann auch noch mit Vorsatz unvollständig, habe in einem Ministeramt nichts verloren. Mackenroth gehe es darum, das Bild von der Musteranstalt Regis-Breitingen aufrechtzuerhalten. SPD-Generalsekretär Dirk Panter mahnte ein Ende der „scheibchenweisen Informationspolitik“ an. „Immer nur das zuzugeben, was schon bekannt ist – wer so arbeitet, hat das Vertrauen der Bevölkerung nicht verdient.“ Grünen-Jugendexpertin Elke Herrmann forderte, endlich die Fraktionen über die Vorfälle vollständig zu informieren. „Es steht doch die offene Frage im Raum, warum ein ähnlicher Vorfall mit einem gleichen Täter in unmittelbarer zeitlicher Nähe nicht ausgeschlossen werden konnte.“

Uwe Hinz, der Leiter der Jugendstrafanstalt, wollte die Details des Falls vom September 2008 nicht bestätigen und verwies auf die Verlautbarungen des Justizministeriums. Allerdings gab er gestern gegenüber dieser Zeitung zu bedenken, dass Gewalt ein gesellschaftliches Problem sei. „Die jungen Männer sind deshalb hier Insassen, weil sie Gewalt ausgeübt haben. Und das verdichtet sich in unserer Anstalt.“ Gewaltaktionen blieben da nicht aus, wenn sie aufeinandertreffen. Doch die Zahl von 25 Strafanzeigen, die es wegen Körperverletzungen unter den Insassen seit Eröffnung der Regis-Breitinger Einrichtung gab, hält Hinz „für eine solche Einrichtung für normal“. Mit Ausnahme des Folterfalls vom Mai 2008: „Das war von der Schwere her exorbitant.“
Sprecher Lau wies die Focus-Vorwürfe des Verschweigens weiterer Vorfälle zurück „Das Ministerium hat in der Vergangenheit auf Anfragen aktuelle Zahlen über Anzeigen wegen Körperverletzung in Sachsens Gefängnissen veröffentlicht und zu bekanntgewordenen Einzelfällen – soweit rechtlich zulässig – Stellung genommen.“

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