SUPERillu Nr. 32 / 2009, 30.07.2009
»Wie soll man ihm trauen?«
Leserbriefe zur Kontroverse: Sind die Angriffe auf Ministerpräsident Stanislaw Tillich gerechtfertigt?
Thema der SUPERillu Nr. 30 »War da noch was, Herr Tillich?«
Report über die Vergangenheit des sächsischen Ministerpräsidenten
"Ehrlich und wahrhaftig?"
»Herr Tillich hat doch damals auch nur seine Arbeit machen müssen.«
S. Schwarzer, München
Ich warne davor, Herrn K. als eine Art Belastungszeugen gegen den Ministerpräsidenten von Sachsen anzusehen. Aus einem einzigen Grund: Wer sich als (ehemaliger) politischer Häftling zur IM-Mitarbeit erpressen ließ, hatte zumeist »Leichen im Keller«, war moralisch nicht sauber oder wegen krimineller bzw. wirtschaftskrimineller Delikte aufgefallen. Ein solcher Mann eignet sich nicht, gegen den Ministerpräsidenten »in Stellung« gebracht zu werden. Unabhängig davon, ob das mit der Gewerbegenehmigung stimmt oder nicht.
Peter Johann Lapp,1960 bis 1964 politischer Häftling in Waldhelm/Sa.
Die ganze Debatte um die DDR-Vergangenheit wäre einfacher, wenn diejenigen, die damals hinter dem System standen und es mittrugen, offen damit umgehen würden. Der entscheidende Punkt ist doch heute gar nicht, wo damals jemand stand. Das Entscheidende ist — und da fängt die Kritik an Tillichs Verhalten und dem von vielen anderen an - ist. dass sie uns 20 Jähre weiter belogen haben. Dass sie 20 Jahre lang ihre eigene Tätigkeit im DDR-Regime heruntergespielt haben. Auch wenn jeder eine zweite und sogar dritte Chance verdient hat, schließen solche Lügen und Gedächtnislücken eigentlich aus, dass so jemand auch heute politische Verantwortung trägt. Wie soll man ihm denn trauen können, wenn er nicht einmal wahrhaftig mit seiner Vergangenheit umgeht?
Dr. Ilko Kowalczuk, Historiker, Berlin
Wird man von diesem Ministerpräsident jemals ein Wort der Entschuldigung oder der Scham hören, außer dem kalten Satz: „Dies alles ist Teil meiner Biografie und ich bin mit mir im Reinen"?
Karl Nolle, MdL (SPD), Sachsen
Niemand verlangt, dass ein Ministerpräsident zu DDR-Zeiten ein Held gewesen sein muss. Aber Ehrlichkeit darf man von einem amtierenden Regierungschef schon noch erwarten. Stanislaw Tillich hat es versäumt, reinen Tisch zu machen, weil seine Biografie nicht in das unehrliche Selbstbild der Ost-CDU als Hort der DDR- -Opposition passte. Das fällt ihm jetzt auf die Füße. Und wenn es heute auch ungerechtfertigte Vorwürfe geben sollte, so wurde dies nur möglich, weil Tillich selbst bislang der Aufarbeitung seiner Geschichte im Wege stand. Der Skandal ist nicht seine Vergangenheit. Der Skandal ist die jahrelange Heuchelei der Blockflöten.
Antje Hermenau, MdL (590/Grüne), Sachsen