Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 04.08.2009

Nolle im Schafspelz - Aufklärer entdeckt Disziplin

Leitartikel von Hubert Kemper
 

In der Regel ist er auf Krawall gebürstet. Unaufhaltsam ist sein Drang, Missstände anzuprangern, unbezähmbar sein Ehrgeiz, hochkarätige politische Gegner zu Fall zu bringen, und unersättlich seine Lust an der medialen Spiegelung des Jagdeifers. So kennt man Karl Nolle - ein Mann, so dickschädelig und unangepasst wie kaum ein Zweiter in der deutschen Parlamentarier-Zunft, ein Einzelspieler, der mit seinen Kapriolen jedes Team verzücken und gleichzeitig zur Verzweiflung bringen kann. Und plötzlich gibt sich dieser Exot, den die Jusos in der SPD lieben und den die konservativen Genossen auf den Mond wünschen, als ein Freund der Koalition mit der CDU aus.

Welcher Teufel hat den Chefaufklärer wohl geritten, wo er sonst auf Anhieb Rot sieht, wenn er die politische Farbe Schwarz wittert? Schiere Not war es sicher nicht, die Nolle in den Schafspelz zwängte. Unbeugsam, wie er bisher alle Disziplinierungsversuche seiner Parteiführung ignorierte, dürfte der Schwenk nüchternem Kalkül entspringen. Es ist die Furcht vor einer Wahlpleite und damit auch dem Verlust des Mandats. Denn Nolle nimmt Listenplatz 14 ein. Vor fünf Jahren schafften nur 13 SPD-Abgeordnete den Sprung in den Landtag.

Ein Schwenk aus cleverem Kalkül.

Nun will er ihn wiederwählen, jenen Stanislaw Tillich, dem er selbst oder über ein dicht gestricktes Netzwerk über Monate mit seinen Angriffen zusetzte. Verwundert reiben sich Nolle-Kenner die Augen. Ist der druckvolle Unternehmer plötzlich aus dem Oppositionslager ausgebrochen, hat er unversehens Lust an der Machtteilhabe seiner Partei gewonnen? Clever hat der intern bedrängte Einzelkämpfer einen Schwenk vollzogen. Nolle will nicht der Buhmann sein. In diese Rolle ist er nämlich geraten, nachdem sich ein Bündnis zwischen CDU und FDP immer deutlicher abzeichnet. Mit der SPD, solide und berechenbar, würde die Union ja gern weiterregieren, so stellt sie durch. Aber fünf weitere Jahre mit dem Querschützen Nolle? Nein danke.

Jetzt ist er auf Kurs gegangen, will sich mit der Partei versöhnen. Nolle hat erkannt, dass seine Blockflöten-Kampagne einen SPD-Wahlkampf nicht tragen, ja sogar gefährden kann. An ihm soll eine Schlappe nicht festgemacht werden. Auch keine Ehe zwischen CDU und FDP. Denn dafür werden die Weichen längst auch in Berlin gestellt.

-------------------------------------------------------------------------------------------------------------Kommentar von Karl Nolle:

Das Interview hat Staub aufgewirbelt. Es ist schon interessant, dass eine demokratische Binsenweisheit, wenn die Wähler wieder eine Koalition von CDU/SPD in Sachsen wollen und wenn dann  die CDU Herrn Tillich benennt, dass dann alle Abgeordneten einer Koalition diesen Kandidaten zum Ministerpräsidenten wählen, soviel Aufmerksamkeit erfährt  Wenn meine angeblich "überraschende" Aussage eine Lektion in Sachen Demokratie und Parlamentarismus gewesen sein sollte, wäre viel gewonnen.

An der in meinem Buch "Sonate für Blockflöten und Schalmeien" geäußerten grundsätzlichen Kritik an der Rolle der Blockflötenfunktionäre in der DDR und ihr heutiger Umgang damit, habe im Freie-Presse-Interview  nichts zurückgenommen (warum auch?).


 

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: