Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 15:23 Uhr, 21.08.2009

Tillich hat die Wahl - Nur die Frage nach dem künftigen Koalitionspartner der CDU verspricht Spannung in Sachsen

Von ddp-Korrespondent Tino Moritz
 

Dresden (ddp-lsc). Einen Machtverlust muss Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) nicht fürchten: Anders als seinen Amtskollegen im Saarland und in Thüringen, Peter Müller und Dieter Althaus (beide CDU), wird Tillichs Union für die Abstimmung am 30. August in Umfragen kein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem rot-roten Gegenbündnis vorhergesagt. Spannend verspricht allein die Frage nach dem Koalitionspartner der Union zu werden - wenn überhaupt.

Seit Wochen sind CDU und FDP auf Mehrheitskurs. Zwar ist die Union nach den Erkenntnissen der Demoskopen weit davon entfernt, ihre 2004 erstmals verloren gegangene absolute Mehrheit in Sachsen zurückzuerobern - sie liegt derzeit zwischen 38 und 42 Prozent (Wahl 2004: 41,1 Prozent). Aber offenbar kann die FDP dies ausgleichen: Die Liberalen erreichen Umfragewerte von elf Prozent, was fast eine Verdopplung ihres Ergebnisses von 2004 (5,9 Prozent) bedeuten würde.

Sowohl FDP als auch CDU haben bereits versichert, Wunschpartner des jeweils anderen zu sein - wobei Tillich als Wahlziel unverdrossen die alleinige Mehrheit im Landtag ausgibt. Mit dem 50-jährigen Sorben schickt die sächsische Union nach Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt erstmals einen Regierungschef mit ostdeutscher Herkunft in den Kampf um Wählerstimmen - sie tut dies landesweit mit Tillichs Konterfei und dem Plakatslogan «Der Sachse».

«Der Garant» hingegen ist laut Sozialdemokraten hingegen Sachsens SPD-Chef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk - und zwar für ein soziales Sachsen. Der 47-Jährige lässt keinen Zweifel daran, dass er an einer Neuauflage des seit 2004 bestehenden Bündnisses mit der CDU interessiert ist - wohl wissend, dass alles andere das politische Aus für ihn bedeuten könnte.

Jurk, der die SPD schon 2004 anführte, als sie mit 9,8 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in der Geschichte der Bundesrepublik erzielte, dürfte auch ein leichtes Stimmen-Plus nichts nützen - zumindest dann nicht, falls es trotzdem für Schwarz-Gelb reicht. Ob er dann als vorheriger Spitzenvertreter der CDU/SPD-Koalition der richtige Mann als Chef einer oppositionellen SPD-Fraktion wäre, ist fraglich.

Ausgerechnet der SPD schaden könnte auch die Affäre um Tillichs Umgang mit seiner DDR-Biografie. Ihr bescherte die Debatte um beschönigende Angaben in Tillichs Lebensläufen und seinen 1999 ausgefüllten Personalfragebogen einen handfesten parteiinternen Krach - anders als der CDU. Als der SPD-Abgeordnete Karl Nolle ein Buch über Sachsens «CDU-Blockflöten» veröffentlichte, sah Jurk durch Passagen zu Tillichs Familienangehörigen «den Bogen überspannt».

Die CDU ließ nach Nolles Attacken gegen ihren Spitzenmann erst recht keinen Zweifel daran, als Koalitionspartner künftig die FDP vorzuziehen. Deren Landeschef und Spitzenkandidat Holger Zastrow nennt den sächsischen FDP-Landesverband eine «liberale Volkspartei». Mit Vorstößen wie zur Schaffung eines «Sächsischen Nationalmuseums» handelte sich Zastrow von der SPD, die auch auf Plakaten offensiv vor Schwarz-Gelb warnt, den Vorwurf des Rechtspopulismus ein - wodurch die FDP wiederum gleich den «Konsens der Demokraten» gegen die NPD aufgekündigt sah.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Rechtsextremen nach ihrem 9,2-Prozent-Triumph 2004 erneut in den Landtag gelangen - in Umfragen lag die NPD zuletzt zwischen 4,5 und 6 Prozent. Die Plakate der Partei, die sich inzwischen auch in Kommunalparlamenten festgesetzt hat, bestimmen in vielen Orten Sachsens das Straßenbild.

Der Wiedereinzug der Grünen hängt nicht unwesentlich vom Abschneiden in ihren Hochburgen Dresden und Leipzig ab. Die Partei zieht erneut mit der früheren Haushaltsexpertin der Bundestagsfraktion, Antje Hermenau, in den Wahlkampf - und liegt eine Woche vor der Wahl bei sechs Prozent.

Gewissheit besteht hingegen darüber, dass die Linke zweitstärkste politische Kraft bleibt. 2004 lag sie mit 23,6 Prozent zwar mehr als 17 Prozentpunkte hinter der CDU, aber eben auch knapp 14 Punkte vor der SPD. Ihrem Spitzenkandidaten André Hahn wird angesichts der schwächelnden SPD freilich nicht einmal eine theoretische Chance auf den Ministerpräsidentenposten eingeräumt. Zumal Kontrahent Tillich ihm auch ein Fernsehduell verweigert hat.

ddp/tmo/fgr
211523 Aug 09

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