Agenturen, dpa, 14:13 Uhr, 17.09.2009
Hermenau: Lagerbildung löst keine Zukunftsfragen
Dresden (dpa) - Die sächsische Grünen-Politikerin Antje Hermenau (45) sieht in zunehmender Lagerbildung der Parteien keine Antwort auf Zukunftsfragen. Das habe auch Konsequenzen für ihre eigene Partei. «Die Grünen sind eine eigenständige politische Partei und kein Anhängsel zu einem der beiden Lager, die sich gerade wieder in die Schützengräben des Klassenkampfes zurückflüchten», erklärte Hermenau im Gespräch mit dpa und verwies auf den Wahlkampf. Dort versuche die Linke, aus der SPD wieder die Sozialdemokratie des 20. Jahrhunderts zu machen. Die FDP strebe in ihrem Sinne Gleiches mit der CDU an. «Das ist fatal. So gewinnen wir die Zukunft nicht. Da haben die Grünen die strategische Pflicht, sich unabhängig zu halten.» Hermenau ist Fraktionschefin der Grünen im sächsischen Landtag und gilt bundesweit in ihrer Partei als Finanzexpertin.
Die Grünen-Politikerin sieht ihre Partei in der Pflicht, eine eigene politische Programmatik für alle Themenbereiche zu entwickeln. Es wäre völlig falsch, sich als «Wurmfortsatz von Rot-Rot» zu begreifen. «Das bedeutet nicht, dass man automatisch nach Jamaika segelt», sagte sie unter Anspielung auf eine schwarz-gelb-grüne Koalition. «Bei Schwarz-Gelb gibt es Wachstumsfanatiker, die auf Umwelt und Gesellschaft keine Rücksicht nehmen. Bei Rot-Rot gibt es Verteilungsoptimierer, die auf Wirtschaft keine Rücksicht nehmen.» Die Grünen stünden für etwas anderes - für die Balance zwischen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft.
«Die Gesellschaft hat sich durchmischt. Es gibt heute viele verschiedene Gruppen. Sie lassen sich nicht mehr nur in Malocher und Kapitalisten einteilen. Diese Gegensatzpaare gibt es so nicht mehr», sagte Hermenau. Doch während sich die Gesellschaft austariere, finde die Parteienlandschaft keine Antwort auf diese Entwicklung. Auch für viele Grüne sei das ein harter Weg der Erkenntnis. «Natürlich sind wir eine Mitte-Links-Partei. Dazu gehört aber auch, dass sich mancher vom kommunistischen Kampfbund verabschieden muss. Mir schwebt eher vor, dass wir eine sozial-liberale Partei werden, die einen massiven Umweltschwerpunkt setzt - und zwar in allen Bereichen vom ökologischen Wirtschaften bis zum ökologischen Leben.»
Gespräch: Jörg Schurig, dpa [Landtag Sachsen]: Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden
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