spiegel.online, 21.09.2009
Neues Städte-Ranking: Wo Deutschland bald boomt
Es gibt noch Städte-Rankings, die nicht von München angeführt werden. Laut einer Studie des Prognos-Instituts haben Hamburg und Berlin in Deutschland die größten Wachstumspotentiale. Auch Landstriche mit traditionellem Langweiler-Image schlagen sich überraschend gut.
Hamburg - Das wird die stets selbstbewussten Bayern mächtig ärgern: Ausgerechnet das eher nüchterne Hamburg und das als arm verschriene Berlin sind von allen deutschen Städten und Regionen am besten für die Zukunft gerüstet. Das geht aus einer Erhebung des Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos im Auftrag des "Handelsblatts" hervor.
München, in der Vergangenheit häufig Spitzenreiter diverser Städtevergleiche, muss sich dieses Mal nach Hamburg und Berlin mit Platz 3 begnügen. "Berlin ist deutlich besser als sein Ruf, allerdings zeichnet sich neben Hamburg auch München durch einen guten Mix an starken Zukunftsbranchen aus", sagte Studienleiter Peter Kaiser gegenüber SPIEGEL ONLINE.
Das Prognos-Institut hatte alle 413 Kreise und kreisfreien Städte auf ihre Wachstumspotentiale untersucht. Der "Zukunftsatlas Branchen 2009" zeigt, welche Standorte in Deutschland künftig zu den wettbewerbsstärksten Regionen zählen. Die "Schaffe, schaffe"-Metropole Stuttgart schafft es in der Untersuchung nur auf Rang 6 - dicht gefolgt von der Region Hannover, die bislang ein ziemliches Langweiler-Image hatte, das in dem Spruch gipfelte: "Wer aus Hannover kommt, der findet's überall schön."
Diese Branchen haben Wachstumspotential
Dass das öffentliche Bild und tatsächliche Zukunftsfähigkeit derart auseinanderfallen, hat auch mit der Fokussierung der Studie zu tun: Prognos filterte aus allen Wirtschaftszweigen die sieben zukunftsträchtigen Branchen heraus, die unabhängig von der aktuellen Wirtschaftskrise langfristig über Wachstumspotential verfügen. Dazu zählen die Gesundheitswirtschaft, die Informations- und Kommunikationstechnologie, der Fahrzeugbau, die Logistik, hochwertige Unternehmens- und Forschungsdienstleistungen (etwa Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer, Werber und nicht-universitäre wissenschaftliche Einrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft), der Maschinenbau sowie die Mess-, Steuer- und Regeltechnik, die etwa Mikrosysteme für den Betrieb von Anlagen herstellt.
"Bundesweit arbeiten heute rund 30 Prozent der Beschäftigten in diesen vielversprechenden Wirtschaftsbereichen", sagte Studienleiter Kaiser. Unter den Großstädten liege Hamburg mit knapp 35 Prozent Beschäftigtenanteil ganz vorne. Bundesweiter Spitzenreiter sei jedoch Biberach mit fast 45 Prozent.
Im Gesamt-Ranking schaffte es das schwäbische Städtchen dank eines hohen Anteils an Gesundheitsdienstleistungen und Maschinenbau immerhin auf Rang 9. Damit ist es Teil des wirtschaftlichen Kraftzentrums Deutschlands, das trotz der vorderen Plätze von Berlin und Hamburg laut Studie noch immer im Südwesten der Republik liegt. Von den 25 deutschen Top-Regionen mit zukunftsfähigen Branchen befinden sich allein zehn Standorte in Baden-Württemberg. Diese "Zukunftsachse"der Republik beginnt damit in Frankfurt am Main, verläuft dann von Mannheim, Stuttgart über Biberach und Tuttlingen bis hin zum Bodensee.
böl/AP