Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 30.11.2009

Linker stellt sich gegen Linke

Der einstige Kandidat für den Posten des Oberbürgermeisters, Klaus Sühl, geht mit seiner Partei hart ins Gericht.
 
Missgunst und Intrigen vergiften das Klima der Partei. Jetzt überlegt er, seine Wahlheimat Dresden zu verlassen.

Das sitzt. Intrigen, schimpft Klaus Sühl, vergiften das Klima bei den Dresdner Linken. Missgunst sei unter manchen Genossen an der Tagesordnung. Es gebe wenig Miteinander, dafür aber ein heftiges Gegeneinander. Kurzum: Die Linke sei an der Elbe eine Volkspartei, die aber kaum das Volk abbilde. „Ich habe den Eindruck, dass die Mischung nicht stimmt.“

Der einstige OB-Kandidat erntet für seine drastische Analyse beim Stadtparteitag am Wochenende Applaus. Später gibt es sogar noch Blumen. „Klaus Sühl war ein Glücksfall“, sagt Ältestenrats-Chefin Rosi Griese. Was ist passiert? Die scharfen Worte des 58-Jährigen spielen einerseits auf den Grundsatzstreit um den Verkauf von knapp 50 000 städtischen Wohnungen an einen US-Investor an, der noch immer schwer auf der Partei-Seele lastet. Ein Teil der alten Fraktion stimmte 2006 mit der CDU für den Deal, schließlich spaltete sich die Stadtrats-Linke. Andererseits lässt die Rede auf eine gehörige Portion Frust schließen. Denn die Spitzen der Linken haben Sühl eine politische Karriere in Sachsen verwehrt. Und das wurmt manchen Genossen.

Der frühere Schweriner Staatssekretär kam für die OB-Wahl 2008 nach Dresden und schaffte es trotz des Parteikonflikts überraschend auf den zweiten Platz – vor den Kandidaten von SPD und Grünen. Wäre Sühl von denen beim zweiten Durchgang stärker unterstützt worden, hätte es für CDU-Siegerin Helma Orosz knapp werden können.

Kontake Sühls nicht genutzt

Der promovierte Politologe mit langjähriger Verwaltungserfahrung machte sich nach der Wahl nicht aus dem Staub. Der Hochkaräter sitzt mittlerweile im Stadtrat, wo er zunächst auch bleiben will. Beim Bemühen um einen aussichtsreichen Listenplatz für die Bundestagswahl scheiterte er aber an internen Kungeleien, Regional- und Geschlechterproporz. Sühls Arbeitsvertrag als Geschäftsführer der Landtagsfraktion läuft heute aus. Offenbar fürchten Spitzengenossen Konkurrenz.

Niemand sagt es laut. Doch dass die Linke Sühls Geschick und überregionale Kontakte beinahe ungenutzt lässt, stößt an der Basis auf Unverständnis. Auch wenn das interne Auftreten des Politikers hin und wieder als arrogant empfunden wird: Sühl, meinen viele, hätte mehr verdient.

„Er wird sich beruflich neu orientieren“, sagt Landeschef Rico Gebhardt, der dem gebürtigen Niedersachsen für seine Arbeit als Wahlkampfleiter dankt. Vielleicht, heißt es, geht Sühl als Berater der Bundestagsfraktion nach Berlin, vielleicht auch als erfahrener Helfer für eine neue Fraktion in den Westen. Entschieden ist noch nichts. Nach Umarmungen und Küsschen läuft der Parteitag weiter.

Verglichen mit anderen nimmt sich dieser jedoch beinahe glimpflich aus. Die Finanzen sind offenbar im Lot. Stadtchef Hans-Jürgen Muskulus wird mit reichlich 77 Prozent der Stimmen für weitere zwei Jahre bestätigt. „Ich will den Weg der kollektiven Zusammenarbeit fortsetzen“, sagte er. Ex-Stadtrat Rainer Kempe, als Anhänger der pragmatischen Realo-Fraktion einst Kontrahent von Muskulus, sitzt wieder im Vorstand.

Linke will mit der SPD gehen

Die Linke, fordert Kempe, müsse wieder „Spaß an der Politik“ vermitteln. Im vergangenen Jahr habe es wegen Zwistigkeiten Austritte „im dreistelligen Bereich“ gegeben Der neue Vize-Chef Jens Matthis hält 60 Neueintritte in diesem Jahr dagegen. Fraktionschef André Schollbach betont: „Im Rat konnten wir manchen Erfolg erzielen. Darauf sollten wir jetzt aufbauen.“

Mittelfristig will die Linke, die nur noch 12 der 70 Stadträte stellt, mit SPD und Grünen nach Mehrheiten suchen. „Ihr müsst Eure Hausaufgaben machen“, sagte Landeschef Gebhardt. Dazu zähle der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen und die Fähigkeit, politische Kampagnen zu fahren. Er kündigte eine externe Wahlanalyse an.
Von Thilo Alexe

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