Karl Nolle, MdL

LVZ/DNN, 29.03.2010

Zastrows Rundumschlag in Chemnitz

FDP-Chef wollte auf Parteitag Image-Probleme erklären - und übte Medienschelte
 
Chemnitz. Gedacht war es als kleine Verbeugung an die Adresse der Liberalen im Freistaat: "Ich wünschte mir manchmal etwas von der Gelassenheit der FDP in Sachsen", meinte FDP-Bundesgeneralsekretär Christian Lindner am Sonnabend in Chemnitz. Dies war auf das Erscheinungsbild der eigenen Partei in Berlin gemünzt, mit der konkreten Stimmung aber hatte es wenig zu tun. Was den FDP-Landesparteitag geprägt hat, war alles, nur keine Gelassenheit. Denn seit Wochen kämpft die FDP mit Image-Problemen, und Landeschef Holger Zastrow wollte dies der Basis in Chemnitz erläutern.

Heraus kam allerdings etwas anderes. Erst gab Zastrow in einer Eingangspassage seiner Partei beste Noten. "Eigentlich sind wir ganz gut gestartet in der Regierung", rief er den 190 Delegierten in der Stadthalle zu, "auch personell sind wir gut aufgestellt." Die öffentliche Wahrnehmung allerdings sei anders: "irritierend und unglücklich". "Die halbe Welt arbeitet sich derzeit an der FDP ab", meinte Zastrow - ein Zustand, der den PR-Mann ausgiebig ärgert.

So geriet ihm sein Beitrag schnell zu einem Rundumschlag, der in dieser Form Seltenheitswert hat. "Ich weiß, dass viele nicht mehr alles glauben, was in der Zeitung steht", meinte er. Um der kritischen Berichterstattung der vergangenen Wochen zu begegnen, fügte er hinzu: "Und das ist gut so." Denn was Opposition und einige Medien derzeit in Sachsen präsentierten, sei tendenziös und unfair - "Kampagnen-Journalismus" halt.

Damit hatte sich Zastrow endgültig in Rage geredet, und so sparte er auch nicht mit einem finalen Vorwurf: Dass dies parteipolitische Gründe habe. Schließlich sei die SPD an dem einen oder anderen Medium beteiligt - an zwei Dresdner Zeitungen zum Beispiel.

Hintergrund dieser Attacke ist Kritik an den sonst so erfolgsverwöhnten Liberalen, nicht zuletzt an Stellenbesetzungen im Wirtschaftsressort. Seitdem liefert sich der FDP-Chef beinharte Scharmützel mit den Redaktionen - bis hin zur Chefetage. Da sich in manchen FDP-Ortsgruppen Verunsicherung breit macht, musste er reagieren. Dabei präsentierte er in Chemnitz eine Lesart der besonderen Art: "Die Gründe für den Gegenwind liegen tiefer", meinte er, "wir sind gefährlich." Die FDP stelle Althergebrachtes in Frage, werde so zur Gefahr für Besitzstandswahrer.

Bei den Delegierten stießen diese Erklärungsversuche auf wohlwollendes Einvernehmen. Die anschließende Aussprache war bereits nach 15 Minuten und drei Redebeiträgen zu Ende. Und nebenbei beschlossen sie noch einen Leitantrag für die kommenden Jahre. Da allerdings war FDP-Generalsekretär Lindner schon wieder abgereist.
von Jürgen Kochinke

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: