Dresdner Morgenpost, 01.06.2010
Nolle kämpft um Ruf und Ehre
DRESDEN -Wird das Betrugs-Verfahren gegen SPD-Schwergewicht
Karl Nolle (65) bald eingestellt? Die Staatsanwaltschaft sandte dieses Signal bereits an Nolles Anwälte! Offiziell fordern die Ermittler aber noch die Aufhebung von Nolles Abgeordneten-Immunität, um einen Strafbefehl bei Gericht zu erwirken.
Seit Monaten ziehen sich die Ermittlungen wegen angeblichen Betruges gegen den Druckereichef. Der wittert dahinter eine politische Kampagne, um ihn „mundtot" zu machen. Er war mit seinen Recherchen maßgeblich am Sturz der beiden MP Biedenkopf und Milbradt beteiligt.
Vorwurf: Nolle soll Subventionen für eine Maschine (Wert: drei Millionen Euro) erhalten haben, die er Ende 2005 kaufte, aber erst Anfang 2006 in Betrieb genommen haben soll. Nolle: „Die Maschine war Ende 2005 einsatzbereit!" Er habe sie so die gültige Rechtsprechung korrekt angegeben.
Auch ein Software-Programm (Wert: 118 000 Euro) habe er zu Unrecht angegeben. „Das stimmt nicht. Die Software war strittig. Wir haben sie einvernehmlich mit dem Finanzamt aus dem Antragsformular herausgenommen." So stand es auch im Prütbericht des Finanzamtes von 2007, den die Prüferin sofort ausfüllte: „Betrug - Nein. Leichtfertiger Betrug - Nein. Andere Auffälligkeiten - Nein." Nun finden sich zwei handschriftlich ergänzte „Ja"-Kommentare auf dem Blatt. Und just auf diesen Zettel stützen sich die die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. „Warum und wann da etwas hingeschrieben wurde, ist völlig unklar", so Nolles Anwalt. Es war wohl die Sachgebietsleiterin der Prüferin: „Mit ihr habe ich nie gesprochen", sagt Karl Nolle.
Ein Gerichtsverfahren strebt die Staatsanwaltschaft nicht mehr an - will einen Strafbefehl erlassen. Doch dafür müsste am Donnerstag der Immunitätsausschuss des Landtages Nolles Abgeordneten-Immunität aufheben. Ein entsprechender Antrag wurde gestellt - ohne Nolles entlastende Argumente mit einzubeziehen.
Pikant: Vorige Woche signalisierte die Staatsanwaltschaft Nolles Verteidigern, (dass das Verfahren gegen geringe Auflagen komplett eingestellt werden könnte. Damit wäre er rehabilitiert und nicht vorbestraft. Staatsanwalt Lorenz Haase: „Wir äußern uns nicht zu laufenden Ermittlungen."
Von Jens Jungmann