Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 14.08.2010

Geldstrafe für "Sachsensumpf" - Rechercheure

Amtsgericht Dresden verurteilt Leipziger Journalisten wegen übler Nachrede — Journalistenverband: Es besteht die Gefahr der Einschüchterung
 
Dresden. Das Amtsgericht Dresden hat gestern zwei Journalisten wegen übler Nachrede zu jeweils 250o Euro Geldstrafe verurteilt. Die beiden Leipziger hatten im Zusammenhang mit der „Sachsensumpf-Affäre" berichtet. Richter Hermann Hepp-Schwab legte ihnen einen Beitrag für das Online-Portal „zeitde" zur Last. Die darin aufgeworfene Frage, ob ermittelnde Polizeibeamte durch die Dienstaufsichtsbeschwerde eines. Richters möglicherweise beeinflusst worden seien, wertete er als ehrenrührige Tatsachenbehauptung.

In zwölf Verhandlungstagen hatte sich das Dresdner Gericht mit der Frage beschäftigt, ob die Leipziger Journalisten durch bewusst unvollständige Berichte oc&r verleumderische Behauptungen frühere ranghohe Richter verunglimpft hatten. Die Staatsanwaltschaft sah das als erwiesen an und forderte 600o Euro Geldstrafe. Die Ehefrau eines frühe ren Leipziger Richters, den sie als Nebenklägerin vertrat, verlangte sogar eine Freiheitsstrafe. Beide bezogen sich vor allem auf Passagen eines umstrittenen Artikels im „Spiegel". Das Nachrichtenmagazin hatte sich von ehrverletzenden Äußerungen über den Richter durch eine Korrekturmeldung distanziert, eine Geldstrafe bezahlt und der Redakteur die volle Verantwortung übernommen.

„Trotz belastender Anzeichen", so Richter Hepp-Schwab, habe eine „Tatbeteiligung" der beiden Journalisten an dem „Spieger-Beitrag nicht festgestellt werden können. Daher erfolgte in diesem Fall ein Freispruch. Als „grotesken Clou" bezeichnete Klaus Bartl (Linkspartei) den Freispruch in einem Teil der Anklage, in dem sich der Richter verunglimpft fühlte, während eine Verurteilung wegen übler Nachrede gegen Polizeibeamte erfolgt sei, die sich nicht betroffen gefühlt hätten. Er habe zwar nicht mit einem Freispruch gerechnet, sagte einer der Journalisten, ,,aber nicht, dass wir wegen des Aufwerfens einer Frage verurteilt werden." Beide kündigten Rechtsmittel an, ihre Anwälte sprachen von einer Fehlentscheidung, die keinen Bestand haben werde. Auch die Staatsanwaltschaft will ihr weiteres Vorgehen prüfen.

Der Deutsche Journalistenverband kritisierte das Urteil als überzogen und schädlich. Es bestehe die Gefahr, dass kritische und investigativ recherchierende Journalisten eingeschüchtert werden könnten.

VON HUBERT KEMPER

Karl Nolle im Webseitentest
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