Karl Nolle, MdL

DIE WELT - Agenturmeldung Sperrfrist: 17. November 2010, 3 Uhr, 17.11.2010

Renommierter DDR-Forscher war Stasi-Spitzel

DIE WELT: Dresdner Hannah-Arendt-Institut kündigt Erklärung zu ihrem Forscher Michael Richter an - Birthler-Behörde korrigiert Auskunft
 
Berlin - Der Historiker Michael Richter, einer der renommiertesten Mitarbeiter des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung (HAIT), war ein Inoffizieller Mitarbeiter des ehemaligen DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. Wie die in Berlin erscheinende Tageszeitung DIE WELT (Mittwochausgabe) unter Berufung auf seine IM-Akte berichtet, lieferte Richter von Januar 1979 bis April 1981 Informationen etwa über kirchliche Kreise und erhielt dafür Zuwendungen in Höhe von insgesamt 1180 DDR-Mark.

Nach der Übersiedlung 1981 in den Westen arbeitete Richter u.a. im Archiv der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Nach der Wiedervereinigung hat der Wissenschaftler zahlreiche Publikationen über das SED-Regime sowie seinen Geheimdienst, die Geschichte der Ost-CDU und die Friedliche Revolution in der DDR veröffentlicht.

Wie die WELT weiter schreibt, hatte sich Richter "auf freiwilliger Basis" unter dem Decknamen "Thomas" zur Zusammenarbeit mit der Stasi verpflichtet. Diese habe sogar im April 1981 seine Übersiedlung in den Westen vorbereitet, um ihn dort mit seinem Einverständnis als Agenten zu nutzen. Allerdings liefere die IM-Akte keinen Beweis für eine solche Tätigkeit in der Bundesrepublik, heißt es in dem Bericht. Der Direktor des Hannah-Arendt-Instituts, Günther Heydemann, sagte der Zeitung, eine Stellungnahme zum Fall von Michael Richter sei in Vorbereitung.

Allerdings waren die Verantwortlichen des vom Freistaat Sachsen finanzierten Instituts bereits bei Richters Einstellung im Jahr 1994 über die Stasi-Verstrickung informiert, schreibt die WELT. Dies gehe aus einem internen Briefwechsel hervor. Damals habe Richter die Verbindung zum SED-Geheimdienst eingeräumt, aber zugleich behauptet, den Kontakt lediglich zum Schein aufrechterhalten zu haben. Der sächsische Landesbeauftragte Michael Beleites, der von 2001 bis 2005 dem wissenschaftlichen Beirat des Instituts angehörte, wurde eigenen Angaben zufolge nicht über Richters Vergangenheit informiert. Das sei "eine Frechheit", sagte Beleites der Zeitung.

Zu seiner Rechtfertigung konnte sich Richter bislang auf eine Auskunft des heute Birthler-Behörde genannten Stasi-Archivs stützen. In dem Bescheid von Oktober 1991 heißt es, er habe aufgrund einer "Nötigung" mit dem MfS kooperiert und "keine belastenden Angaben über andere Personen" geliefert. Auf Anfrage der WELT teilte die Behörde jetzt mit, ihr sei damals "ein Fehler" unterlaufen: "Wenn die Anstellung Michael Richters beim Hannah-Arendt-Institut tatsächlich im Zusammenhang mit der fehlerhaften Auskunft gestanden haben sollte, würde die Behörde dies sehr bedauern."

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