Sächsische Zeitung, 23.12.2010
Ex-Banker auf 230 Millionen Euro verklagt
Sachsen fordert von acht Vorstandsmitgliedern der ehemaligen Landesbank Schadenersatz. Der frühere Finanzminister Horst Metz bleibt dagegen unbehelligt.
Dresden. Der Freistaat Sachsen will acht frühere Vorstandsmitglieder für die horrenden Verlustgeschäfte der ehemaligen Landesbank persönlich haftbar machen.
Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) kündigte gestern vor dem Haushaltsausschuss des Parlaments Schadenersatzklagen gegen alle Ex-Bankvorstände an, die seit dem Jahr 2003 bis zur Beinahe-Pleite der Landesbank im Sommer 2007 im Amt waren. Ihnen drohen damit Zurückzahlungen von zusammen fast 230 Millionen Euro an das Land Sachsen. Dabei handelt es sich um die beiden einstigen Bank-Chefs Michael Weiss und Herbert Süß sowie die Ex-Vorstandsmitglieder Werner Eckert, Rainer Fuchs, Stefan Leusder, Yvette Bellavite-Hövermann, Gerrit Raupach und Hans-Jürgen Klumpp.
Unland erklärte, bei dem angestrebten Zivilprozess gehe es nicht um Schuld, Sühne und Strafe, „sondern um Geld“. Ziel sei es, am Ende wenigstens mehr Geld zurückzubekommen, als der Prozess den Kläger absehbar kosten wird. Nach SZ-Informationen rechnet das Land Sachsen allein bis zur ersten juristischen Instanz mit Prozesskosten sowie Ausgaben für Gutachter und Sachverständige in Höhe von bis zu 30 Millionen Euro. Dem stehen erhoffte Auszahlungen aus einer sogenannten Management-Versicherung der Landesbank in Höhe von 50 Millionen Euro sowie eventuelle Zahlungen aus dem Privatvermögen der Ex-Banker gegenüber.
Die hohen Kosten seien auch der Grund dafür, dass man sich auf die Klagen gegen die acht ehemaligen Vorstandsmitglieder beschränken will. „Vorsorglich flächendeckend jeden zu beklagen wäre erstens zu teuer und zweitens verantwortungslos“, sagte Unland. Die vom Freistaat beauftragten Anwälte hätten sich deshalb auf zwei Komplexe konzentriert, die maßgeblich für die entstandene Krise der ehemaligen Landesbank verantwortlich sind. Das seien der Spezialfonds „Synapse“ und das Programm „Ormand Quay“. Nach SZ-Informationen entstanden allein bei diesen beiden Finanzprodukten Verluste von jeweils 190 und 38,5 Millionen Euro. Im Zusammenhang mit den beiden Komplexen seien den Bankvorständen „zahlreiche Pflichtverletzungen vorzuwerfen“, hieß es.
Bezogen auf vier Kreditentscheidungen aus den Jahren 2003 bis 2006 seien zudem auch sechs Mitglieder des Kreditausschusses, die gleichzeitig im Verwaltungsrat der Bank saßen, ihren Pflichten nicht hinreichend nachgekommen, erklärte Unland. Darunter befindet sich der frühere sächsische Finanzminister Horst Metz (CDU), der nach dem Notverkauf der Landesbank zurückgetreten war. Trotz einer Klageempfehlung der mit der Prüfung beauftragten Kanzlei will der Freistaat aber nicht juristisch gegen die sechs ehemaligen Bankverantwortlichen vorgehen. Unland begründete das unter anderem damit, dass die Aussichten auf Schadenersatz in den Fällen sehr gering sei. Auch wenn sein Gerechtigkeitsgefühl diese Entscheidung infrage stelle, könne der Freistaat bei einer Klage gegen die Verwaltungsräte nur verlieren.
Die Opposition kritisiert den Klageverzicht trotzdem. Es sei die politische Entscheidung der Staatsregierung gewesen, das Geschäftsfeld der Landesbank auf den Finanzmarkt auszudehnen. Nun aber würden die Konstrukteure der Bank-Pleite weiter verschont, hieß es.
von Gunnar Saft