Agenturen dpa, 17:30 Uhr, 19.08.2011
Razzia bei Pfarrer - Generalstaatsanwalt weist Kritik zurück
Inzwischen verlangt sogar die CDU Aufklärung.
Sachsens Justizbehörden kommen wegen der Razzia beim Jenaer Pfarrer Lothar König nicht aus den Schlagzeilen. Inzwischen verlangt sogar die CDU Aufklärung. Derweil sieht Generalstaatsanwalt Klaus Fleischmann keinen Anlass für Kritik.
Dresden/Jena (dpa) - Nach der umstrittenen Razzia beim Jenaer Pfarrer Lothar König sieht Sachsens Generalstaatsanwalt Klaus Fleischmann keinen Anlass zur Kritik. In einem Offenen Brief an Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD) schilderte Fleischmann im Auftrag der sächsischen Regierung am Freitag Gründe für das Handeln der Justizbehörden. Inzwischen sieht aber selbst die CDU im Landtag von Sachsen Aufklärungsbedarf. «Es ist eine klare Darstellung von FDP-Justizminister Jürgen Martens zu den Abläufen notwendig», sagte der Parlamentarier Marko Schiemann der dpa in Dresden. Das erwarte er von der Sondersitzung des Landtagsausschusses für Verfassung und Recht am Dienstag kommender Woche.
«Das Durcheinander muss endlich aufhören», erklärte Schiemann mit Blick auf unterschiedliche Angaben zu dem Vorfall. Inhaltlich wollte er die Aktion der sächsischen Polizei in Thüringen nicht bewerten. «Dazu weiß ich zu wenig darüber.» Er sorge sich jedoch angesichts der Debatten um das gute Verhältnis zum Nachbarland.
Gegen König wird wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und «aufwieglerischen Landfriedensbruchs» ermittelt. Er soll bei Demonstrationen gegen Neonazis am 19. Februar in Dresden zu Gewalt angestachelt haben. Damals waren auch mehr als 100 Polizisten verletzt worden. König weist die Anschuldigungen zurück. Bei der Razzia in seiner Dienstwohnung waren am 10. August neben einem Kleinbus auch der Computer und Schriftstücke des Geistlichen beschlagnahmt worden. Dies hatte in Kirchenkreisen Unmut ausgelöst.
Seit Tagen gibt es Streit, ob Thüringens Behörden ausreichend über die Durchsuchung informiert worden waren. Das Innenministerium in Erfurt erklärte, nicht im Bilde gewesen zu sein. Nach Darstellung des sächsischen Generalstaatsanwaltes waren die Thüringer Behörden «sowohl auf polizeilicher als auch auf staatsanwaltschaftlicher Ebene» rechtzeitig informiert.
Jenas Oberbürgermeister Schröter hatte am Donnerstag in einem Brief an den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) Kritik am Vorgehen der Behörden geübt. Fleischmann beantwortete das Schreiben stellvertretend, da sich Tillich wegen der Gewaltenteilung nicht selber zu dem Fall äußern wollte. «Der Rechtsstaat muss auch die Ausübung des Versammlungsrechts durch Extremisten hinnehmen und diese letztlich notfalls durch die Polizei schützen», verteidigte Fleischmann die polizeiliche Absicherung der richterlich genehmigten Neonazi-Aufmärsche am 19. Februar in Dresden.
Der Generalstaatsanwalt machte geltend, dass auch unter «umgekehrten Vorzeichen» der Schutz vor Störungen einer Demonstration eingefordert werden könne. «Gerade durch die gebotene Neutralität und Unvoreingenommenheit der Strafverfolgungsbehörden wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsordnung und letztlich in die Demokratie gestärkt.»
Vertreter von Bündnissen gegen Rechtsextremismus hatten sich dagegen wiederholt darüber beschwert, dass die sächsische Justiz vor allem die Gegendemonstranten ins Visier nahm. Gegen führende Politiker der Linken wird sogar Anklage wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz erwogen. Sie hatten sich bereits 2010 in Blockaden gegen die alljährlichen Neonazi-Aufmärsche im Februar in Dresden eingereiht.