Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 15:09 Uhr, 14.09.2011

Verfassungsrechtler verteidigt Datenabfrage

Neue Nahrung im Streit um die massenhafte Abfrage von Handydaten in Sachsen: Nach der Kritik des Datenschützers kontert im Auftrag des Innenministeriums ein Verfassungsrechtler. Er verteidigt die Aktion.
 
Dresden (dpa/sn) - Ein von Sachsens Innenministerium in Auftrag gegebenes Gutachten hält die Kritik an der massenhaften Abfrage von Handydaten für falsch. Der Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig sei von einer falschen rechtlichen Grundlage bei seiner Beurteilung ausgegangen, sagte der Berliner Verfassungsrechtler Ulrich Battis am Mittwoch in Dresden. Er halte die umstrittenen Datenerhebungen «insgesamt für angemessen», erklärte Battis und stützte damit die Auffassung des Innenministeriums. Zugleich verwahrte er sich gegen Vorwürfe, ein Gefälligkeitsgutachten erstellt zu haben.

Battis' Generalkritik am Datenschützer: «Das Gutachten verkennt die Gewaltenteilung in diesem Staat.» Der Verfassungsrechtler betonte, das letzte Wort habe immer der Richter, wenn es wie im Dresdner Fall um die Abfrage von Mobilfunkdaten zur Strafverfolgung gehe. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten korrekt gearbeitet. Die Datenabfrage war nach Einschätzung von Battis die einzige erfolgversprechende Maßnahme, um Straftätern bei der von Gewalt begleiteten Anti-Nazi-Demonstration im Februar in Dresden auf die Spur zu kommen. Dass Daten Unbeteiligter erhoben worden seien, sei nun einmal nicht zu vermeiden gewesen.

Battis räumte auf Nachfrage ein, dass über die Verhältnismäßigkeit der sogenannten Funkzellenabfrage gestritten werden könne. «Ich könnte mir vorstellen, dass man hätte zu einer präziseren Fassung kommen können», sagte er mit Blick auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, die im konkreten Fall letztlich dem Dresdner Amtsgericht oblag. «Es ist nicht meine Aufgabe gewesen, zu prüfen, ob die Richter optimal gearbeitet haben.»

Battis musste zudem einräumen, für sein Gutachten nicht über die Materialen der Ermittlungen verfügt zu haben, die der Datenschützer für seinen Bericht einsehen konnte. Zur Arbeit des Landeskriminalamtes, das vom Datenschützer wegen Planlosigkeit bei der Datenauswertung gescholten worden war, äußerte sich Battis in seinem Bericht nicht - weil er sie mangels Detailkenntnis nicht einschätzen könne.

Innenminister Markus Ulbig (CDU) schlussfolgerte aus dem Battis-Gutachten: «Die bei der Aufklärung besonders schwerer Straftaten verwendeten Daten wurden rechtmäßig erhoben. Insofern ist die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft noch einmal klar unterstützt worden.» Die Einschätzung des Verfassungsrechtlers werde in die Stellungnahme seines Hauses zur Kritik des Datenschützers einfließen.

Die Opposition reagierte mit Empörung und Kritik: Battis habe eine völlig abstrakte und daher wertlose Einschätzung gegeben, «die einzig dem durchsichtigen Zweck dient, dem Innenminister einen Ausfallschritt gegenüber dem Parlament zu ermöglichen», erklärte der Rechtsexperte der Linksfraktion, Klaus Bartl. Battis habe sich nicht wie der Datenschützer auseinandergesetzt, wie mit den Daten umgegangen worden sei, verwies dessen Grünen-Kollege Johannes Lichdi auf einen weiteren Aspekt. Battis sei objektiv gar nicht in der Lage gewesen, die Angemessenheit der Datenabfrage zu beurteilen, weil er die entsprechenden Papiere dazu gar nicht kenne, sagte Sabine Friedel von der SPD.

Datenschützer Andreas Schurig hatte in seinem Sonderbericht zur massenhaften Abfrage von Handydaten die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft beanstandet. Er kritisierte die Datenabfrage als unverhältnismäßig. «Es wurde mehrfach gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen», erklärte er. Sein Vorwurf: Es wurden de facto Daten unzulässig auf Vorrat gesammelt. Er verlangt in seinem am vergangenen Freitag vorgestellten Bericht unter anderem, nicht benötigte Daten zu löschen und die Betroffenen zu informieren. Über das Gutachten von Battis wurde er nach Angaben des Innenministeriums kurz vor Beginn der Landtagssitzung am Mittwoch informiert. Der Landtag wollte sich am Nachmittag mit Konsequenzen aus Schurigs Bericht befassen.

dpa stz yysn z2 eni
141509 Sep 11

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