Newsletter des Sächsischen Ausländerbeauftragten Nr. 35/11, 19.11.2011
Brauchen wir die bezahlte Bespitzelung der rechten Szene?
Mit Herz gesehen, ein Kommentar von Martin Gillo
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die USA große Angst vor dem Kommunismus. Also bezahlte das FBI jahrelang viele Informanten in der Kommunistischen Partei der USA. Die fiel erst dann in sich zusammen, als der FBI seine Informanten und damit eine ihrer überlebenswichtigen Geldquellen abzog.
Angesichts der dramatischen Erkenntnisse über rechte Gewalt in Deutschland scheint auch die Frage nach dem Sinn der Verfassungsschutzarbeit durch Informanten im Raum zu sehen.
Wir erfahren, dass die über 10 Jahre währende rechtsextreme Mordspur des „nationalsozialistischen Untergrunds“ erst durch Selbstverschulden und nicht durch die staatlichen Ordnungsbehörden beendet worden ist. Wir lesen von Informanten, die mit viel Geld über Jahre vom Staat finanziert wurden und die dem Staat doch nicht helfen konnten, dieses Unwesen zu stoppen. Gleichzeitig finanzierten sie genau diejenigen Organisationen, die wir aus der Welt wünschen.
Nach Jahrzehnten dieser Arbeit haben wir immer noch Schwierigkeiten, den rechten Ungeist effektiv aus unserer Gesellschaft zu entfernen. Immer noch werden Ausländer aus rassistischen Gründen angegriffen und verlieren dabei ihr Leben. Und das Schlimmste dabei: Die öffentliche Meinung macht sie häufig selber für ihr Schicksal verantwortlich – weil sie angeblich in der Drogenszene gewesen wären, oder in der organisierten Kriminalität oder weil sich die Landsleute gegenseitig umbringen würden. Erinnern wir uns an Kamal K.
Es ist Zeit für einen neuen Ansatz im Kampf gegen rechtes Denken und rechte Gewalt.
Vielleicht sollten wir es wie in den USA einmal mit dem Abzug der bezahlten Informanten aus der rechten Szene ausprobieren und anderen kreativen Ansätzen eine Chance geben.
Wie sagte schon Einstein: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten."
Prof. Martin Gillo, CDU-MdL
Ausländerbeauftragter des Sächsichen Landtages