Karl Nolle, MdL

Agenturen, dapd, 13:17 Uhr, 18.11.2011

Beratungsprojekte sehen hohe Gewaltbereitschaft in rechter Szene - Vernetzung der Rechtsextremen ersetzt feste Organisationsstrukturen

 
Leipzig (dapd-lsc). In der rechtsextremen Szene in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen herrscht nach Auffassung von Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus der drei Länder eine hohe Gewaltbereitschaft. So gebe es ihren Erkenntnissen zufolge in Sachsen und Sachsen-Anhalt jeweils rund 800 bis 1.000 gewaltbereite Neonazis, erklärten Vertreter von drei Beratungsstellen am Freitag in Leipzig. In Thüringen gebe der Verfassungsschutz eine Zahl von rund 450 gewaltbereiten Rechtsextremisten an.

Allerdings sei davon auszugehen, dass es in allen drei Ländern eine wesentlich höhere Zahl gewaltbereiter Rechter gibt, erklärte Stefan Heerdegen von der Mobilen Beratung in Thüringen für Demokratie - Gegen Rechtsextremismus. Sorgen bereitet den Beratern auch die zunehmende überregionale Vernetzung der rechten Szene, wie Danilo Starosta vom Kulturbüro Sachsen sagte. Die von den Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit rechtsextremistisch motivierten Straftaten oft erklärte These von Einzeltätern sei nicht haltbar, meinte er.

Pascal Begrich vom Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt sagte mit Blick auf die Mordserie der Angehörigen der Zwickauer Terrorzelle, eine klassische Struktur wie bei der Roten Armee Fraktion (RAF) sei nicht notwendig, um rechtsterroristische Morde zu begehen. Er verwies auch darauf, dass Verbrechen mit rechtsextremem Hintergrund häufig nicht als solche benannt würden. So erkläre sich auch, dass in Deutschland von 182 Toten durch rechte Gewalt seit 1990 auszugehen sei und nicht, wie von der Politik dargestellt, von 47.

«NPD weiß, was die rechte Basis macht»

Die Vertreter der Beratungsstellen wiesen darauf hin, dass es in der rechtsextremen Szene keine organisatorische, wohl aber eine personelle Kontinuität gibt. Viele Namen tauchten immer wieder in anderen Zusammenhängen und Gruppierungen auf. Auch deshalb sei die Vernetzung der Neonazis untereinander mit Sorge zu betrachten. Versuche der NPD, sich scheinbar von den sogenannten Freien Kräften zu distanzieren, seien reine Täuschung. In der Partei wüssten die Verantwortlichen genau, was an der rechtsextremen Basis vor sich gehe.

Forderungen nach einer neuen Sicherheitsoffensive wiesen die Berater zurück. «Was wir brauchen, ist eine neue Demokratieinitiative, die rechte Gewalt nicht leugnet, verharmlost oder verdrängt», erklärte Heerdegen. David Begrich, ein Cousin von Pascal Begrich, vom Netzwerk sagte, dazu gehöre auch eine Erinnerungskultur an die Opfer rechter Gewalt. Was die Beratungsstellen und Vereine dringend benötigten, sei eine solide Finanzierung, die unabhängig von dauernden Projektanträgen sein müsse.

Von Jörg Aberger

dapd/T2011111850257/abj/stu /1
181317 Nov 11

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