Karl Nolle, MdL

Agenturen, dps, 14:02 Uhr, 20.11.2011

Kulturbüro beklagt Verharmlosung rechter Gewalt

Nach der Aufdeckung der Neonazi-Mordserie befürchten die Sicherheitsbehörden ein viel größeres Netzwerk von Tätern als bislang angenommen. Es gibt neue Verdächtige, aber keine Festnahmen. Extremismus-Experten warnen vor Verharmlosung.
 
Dresden/Berlin (dpa/sn) - Das Kulturbüro Sachsen hat nach der Aufdeckung der Verbrechen der Zwickauer Neonazi-Zelle erneut vor einer Verharmlosung rechter Gewalt gewarnt. «Staatliche Institutionen haben Hinweise aus der Zivilgesellschaft nicht ernst genug genommen», sagte die Geschäftsführerin des Kulturbüros, Grit Hanneforth, am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa.

Zu lange habe man zu stark nach links und rechts geschaut, dabei aber nicht auf Entwicklungen in der Mitte der Gesellschaft geachtet, in der es einen Nährboden für Rechtsextremismus gebe, sagte Hanneforth. Nach Angaben der Berliner Stiftung Amadeu Antonio sind seit der Wiedervereinigung 182 Menschen in Deutschland durch rechtsextreme und rassistische Gewalt gestorben.

Auch eineinhalb Wochen nach Aufdeckung der Neonazi-Mordserie rätseln die Sicherheitsbehörden über das ganze Ausmaß der rechtsextremistischen Gewalt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) befürchtet, dass die kriminellen Netze um Drahtzieher und Helfershelfer im braunen Milieu größer und gefährlicher sind, als bislang angenommen. Friedrich sieht angesichts der Fahndungspannen «klägliches Versagen» bei Behörden.

Verfassungsschützer in Thüringen gehen nach Informationen von «Spiegel» und «Focus» mittlerweile von etwa 20 Unterstützern aus, die dem aus Jena stammenden Trio im Untergrund halfen. Die Suche läuft auf Hochtouren. Vor den am Montag in Berlin geplanten Krisenberatungen mit den Geheimdiensten im Bundestags-Innenausschuss wächst der Druck vor allem auf den Thüringer Verfassungsschutz.

«Es sind weitere konkrete Personen in unseren Blick geraten», sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zu den Ermittlungen im Umfeld der sogenannten Zwickauer Zelle. Neben der Hauptverdächtigen Beate Zschäpe und dem in Niedersachsen festgenommenen Holger G. sollen die Ermittler mindestens zwei weitere Verdächtige im Visier haben.

In der ausgebrannten Wohnung des Neonazi-Trios in Zwickau wurde nach Angaben der Bundesanwaltschaft eine weitere DVD sichergestellt. Diese werde ausgewertet, sagte ein Sprecher. Vor einigen Tagen war bereits ein Bekennervideo der Neonazis aufgetaucht, auf dem sie Morde dokumentieren. Im Brandschutt wurde zudem die zweite Tatwaffe des Polizistenmordes von Heilbronn gefunden.

Die Geheimdienste hatten offenbar engeren Kontakt zu dem Neonazi-Trio als bisher bekannt. Der Thüringer Verfassungsschutz habe Ende der 90er Jahre mindestens drei V-Leute in deren Umfeld geführt, berichtet «Der Spiegel». Darunter sei neben dem Kopf des «Thüringer Heimatschutzes» auch der Chef der Thüringer Sektion der Organisation «Blood & Honour» gewesen.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) versprach den Angehörigen der in den vergangenen Jahren ermordeten Neonazi-Opfer eine Entschädigung. Über die rechtliche Grundlage solcher Zahlungen wurden keine Angaben gemacht. Auch der Vorsitzende des Geheimdienste-Kontrollgremiums des Bundestags, Thomas Oppermann (SPD), sprach sich in «Bild am Sonntag» dafür aus.

Bundestag, Bundespräsidialamt und Bundesregierung bereiten gemeinsam eine zentrale Gedenkfeier für die Opfer der Neonazi-Mordserie vor. «Wir sind uns einig, dass es eine Veranstaltung geben soll», sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) dem Berliner «Tagesspiegel am Sonntag».

Autoren: Michael Bertram, Stefan Voß, Uta Winkhaus,
 
dpa ram/sv/wn yysn z2 evo
201402 Nov 11

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