Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 03.12.2011

Welche Folgen ein NPD-Verbot in Sachsen hätte

Die Abgeordneten müssten gehen. Die Fraktion bekäme keine Zuschüsse mehr. Derzeit kassiert sie mehr als 100000 Euro pro Monat.
 
Nachdem sich Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) für ein Verbot der rechtsextremen NPD ausgesprochen hat, ist die Debatte um den Umgang mit der Partei auch in Sachsen in vollem Gang. Noch ist unklar, ob der Verbotsantrag kommt. Doch sollte die NPD vom Bundesverfassungsgericht tatsächlich untersagt werden, hätte das Folgen für die Zusammensetzung des Landtags. „Die Abgeordneten müssten den Landtag verlassen“, sagt Parlamentssprecher Ivo Klatte auf SZ-Anfrage.

Pensionsansprüche bleiben

Das regelt Paragraf 45 des sächsischen Wahlgesetzes. Im ersten Absatz heißt es: „Ein Abgeordneter verliert die Mitgliedschaft im Landtag bei...Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Partei...“. Vergleichbare Regelungen finden sich in der sächsischen Gemeindeordnung und der Landkreisordnung für den Freistaat. Vereinfacht gesagt: NPD-Mitglieder in Landtag, Stadt-, Gemeinde- und Kreisräten müssen im Verbotsfall gehen. Im Freistaat stellt die Partei nach eigener Darstellung mehr als 100 Mandatsträger. Für den Landtag bedeutet das, dass die acht NPD-Abgeordneten, die nach Fraktionsangaben alle Mitglied der Partei sind, ihre Stühle und Büros bei einem Verbot räumen müssen. Bis dahin erworbene Pensionsansprüche bleiben aber erhalten, wie Parlamentssprecher Klatte sagt.

Nachwahlen werden bei einem NPD-Verbot nicht einberufen. Auch NPD-Nachrücker verlieren Klatte zufolge den Anspruch, ins Parlament einzuziehen. Gestrichen würden zudem die Zuschüsse für die Landtagsfraktion – nach Klattes Angaben derzeit rund 116000 Euro pro Monat.

Auswirkungen auf die Mehrheitsverhältnisse im Landesparlament hätte ein Verbot kaum. 132 Abgeordnete wurden in den Landtag gewählt. Die Regierungskoalition aus CDU und FDP kommt auf 72 Stimmen. Müssten die acht NPD-Abgeordneten gehen, würde das die Regierungsmehrheit sogar stärken. Ein etwas anderes Bild ergibt sich beim Blick in die Kommunen. Im politisch vielfarbigen Dresdner Stadtrat etwa fallen Entscheidungen gelegentlich knapp aus. Dort stellt die NPD derzeit zwei Räte.

Ein Verbot hätte in jedem Fall Auswirkungen auf die Finanzen der rechtsextremen Partei. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums würde das Vermögen zugunsten gemeinnütziger Zwecke eingezogen. Der vom Bundestag in diesem Jahr veröffentlichte Parteienrechenschaftsbericht für 2009 listet für die NPD in Sachsen Einnahmen von mehr als 400000 Euro auf – unter anderem aus Beiträgen und Spenden von Unterstützern.

Allerdings: Ein Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht dauert voraussichtlich mehrere Jahre. Beantragen können es – getrennt oder gemeinsam – der Bundesrat, der Bundestag und die Bundesregierung. Die Innenministerkonferenz berät in der kommenden Woche über den Schritt.

Tillich verlangt Verfahren

Angesichts der Enthüllungen über die Zwickauer Terrorzelle, auf deren Konto mutmaßlich zehn Morde gehen, hatte Tillich vor einer Woche erstmals öffentlich ein Verbotsverfahren verlangt. „Wir sind dies den Opfern der rechtsterroristischen Gewalt schuldig“, sagte er auf dem CDU-Parteitag in Plauen.

Die NPD sieht ein mögliches Verfahren zumindest nach außen hin gelassen. Bundes- und Landeschef Holger Apfel prophezeit den Antragstellern ein „zweites Waterloo“. 2003 war ein Verbotsverfahren gescheitert – wegen der V-Männer in der Partei.

Von Thilo Alexe


Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: