Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 06.12.2011

Warum Neonazis nach Sachsen strömen

Im Freistaat marschieren doppelt so viele Rechtsextremisten auf wie im größeren Nordrhein-Westfalen. Das liegt nicht nur am 13. Februar in Dresden.
 
Neonazis haben Sachsen zu ihrem Aufmarschgebiet erkoren. Seit 2007 zählten Sicherheitsbehörden bei 60 braunen Demonstrationen und Aktionen knapp 33000 Teilnehmer – so viele wie in keinem anderen Bundesland. Die SZ analysiert die Zahlen.

Wieso ist Dresden eine Hochburg für braune Märsche?

Der sogenannte Trauermarsch anlässlich des Jahrestags der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 hat sich nach Einschätzung von Verfassungsschützern „zur größten bundesweiten Aktion von Rechtsextremisten etabliert“. In den vergangenen zwei Jahren kamen mindestens je 6 400 Neonazis in die Landeshauptstadt. Die Demonstration bietet für die Szene „eine hohe identitätsstiftende Wirkung“, heißt es im Verfassungsschutzbericht. Etwa deshalb, weil Rechtsextremisten „aus allen Gruppierungen“ in Dresden auflaufen. Sprich: Freie Kameraden wie NPD-Kader, die sonst oft uneins sind.

Stoßen die Rechtsextremisten auf Gegenwehr?

Ja. Doch trotz Menschenkette, Gottesdiensten und stillen Gedenkens: Demokraten streiten sich jährlich übers rechte Konzept gegen rechts. Sollen Blockaden unterstützt werden? Wer redet bei zentralen Aktionen? Die Uneinigkeit wirkt hemmend. Hinzu kommt, dass der 13.Februar in der Dresdner Bevölkerung kontrovers diskutiert wird.

Wieso ist die Region Görlitz ein Schwerpunkt?

Der Kreis belegt im Bundesvergleich Rang fünf. In dieser Region hat sich eine straffe rechtsextremistische Szene formiert – Konzerte rechter Bands inklusive. Zu den in Bundestagsdokumenten aufgelisteten Demonstrationsorten zählen Görlitz, Zittau und Jänkendorf. Dort organisierte die NPD 2009 ihren Wahlkampfauftakt mit mehreren Hundert Teilnehmern.

Gibt es in Sachsen feste rechtsextreme Strukturen?

Ja. Die NPD stellt nach eigenen Angaben mehr als 100 Mandatsträger in Kommunalvertretungen sowie im Landtag. Grit Hanneforth vom Kulturbüro Sachsen, das demokratische Strukturen stärkt, betont: „In Sachsen sind in den vergangenen 20 Jahren feste rechtsextremistische Strukturen entstanden. Das betrifft die NPD, aber auch die freien Kräfte.“ Die Politik habe das zu lange ignoriert.

Von Thilo Alexe

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