Karl Nolle, MdL

spiegel-online, 18:43 Uhr, 10.12.2011

Zwei neue Beschuldigte im Verfahren gegen Neonazi-Zelle

Die Zahl der Beschuldigten im Ermittlungsverfahren gegen die Zwickauer Zelle hat sich um zwei auf sieben erhöht.
 
Nach SPIEGEL-Informationen beschuldigt die Bundesanwaltschaft Mandy S. und Matthias D., für das rechtsradikale Trio Unterkünfte in Sachsen organisiert zu haben.

Hamburg - Die Zahl der Beschuldigten im Ermittlungsverfahren gegen die rechtsextremistische Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) hat sich um zwei auf sieben erhöht. Die Bundesanwaltschaft beschuldigt nun auch Mandy S. und Matthias D. aus Sachsen. Die beiden stehen im Verdacht, das Zwickauer Neonazi-Trio im Untergrund unterstützt zu haben.

Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts (BKA) habe Mandy S. die mutmaßlichen Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe nach deren Flucht im Februar 1998 für mehrere Monate in der Wohnung ihres damaligen Freundes Max B. in Chemnitz einquartiert.

B. hat die Vorwürfe in einer polizeilichen Vernehmung mittlerweile eingeräumt. In B.s Wohnung soll das Trio bis Juli oder August 1998 gewohnt haben. Matthias D. wiederum soll den Neonazis 2003 und 2008 jeweils eine Wohnung in Zwickau untervermietet haben. Nach Angaben seines Anwalts sei D. jedoch nicht über die wahre Identität seiner Untermieter informiert gewesen und von diesen getäuscht worden. Zschäpe soll D. angerufen haben, nachdem sie Anfang November ihre konspirative Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt hatte.

Hohes NPD-Mitglied unter Verdacht

Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft sagte am Samstag der Nachrichtenagentur dpa, im Fall der Neonazi-Morde werde insgesamt gegen rund ein Dutzend Personen aus dem Umfeld des Zwickauer Trios ermittelt - ein Teil davon seien auch Beschuldigte.

Auch ein hohes NPD-Mitglied steht weiterhin im Verdacht, die Terrorzelle unterstützt zu haben. Es handelt sich nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ("FAS") um Patrick Wieschke, der als "Bundesorganisationsleiter" im Präsidium der rechtsextremen Partei sitzt. Die Zeitung beruft sich in ihrem Bericht auf Sicherheitskreise. Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft machte hierzu keine Angaben.

Der Mann aus Eisenach soll Beate Zschäpe in der Nacht zum 3. November beherbergt haben - einen Tag vor dem letzten Banküberfall der später in einem ausgebrannten Wohnmobil gefundenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Eisenach. Laut Sicherheitskreisen haben Polizeihunde bei Wieschkes Wohnung angeschlagen, schreibt die "FAS".

Wieschke selbst hatte bereits Anfang Dezember zu schon damals kursierenden entsprechenden Berichten Stellung genommen. In einer Pressemitteilung des Thüringer Landesverbands, die auf der Internetseite der NPD zu finden ist, wird er mit den Worten zitiert, er habe noch nie ein einziges Wort mit Zschäpe gewechselt. "Ich habe diese Frau Mitte der neunziger Jahre zwar mal gesehen, aber niemals persönlichen Kontakt zu ihr gepflegt, geschweige denn einen solchen nach ihrem Untertauchen gehabt." Das habe er in einer Vernehmung auch den Ermittlern gegenüber erklärt.

Wie die "FAS" weiter berichtet, soll der inhaftierte ehemalige Thüringer NPD-Funktionär Ralf Wohlleben bis vor kurzem engen Kontakt zur Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" gehabt haben. "Er war bis zuletzt nah an den dreien dran", zitiert die Zeitung aus Sicherheitskreisen.

Die Ermittlungen gegen Wohlleben gestalteten sich allerdings schwierig, da die Dateien auf seinen beschlagnahmten Computern aufwendig verschlüsselt seien. Wohlleben soll 2001 oder 2002 eine Waffe besorgt haben, die der inhaftierte Holger G. nach Zwickau zu Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gebracht haben soll.

abl/dpa

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