Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 14.12.2011

Ohne Zschäpe geht es nicht

Warum die Vorwürfe gegen die Neonazi-Gruppe wackeln
 
Berlin - In deutschen Sicherheitskreisen wächst die Sorge, ob die rechtsextremistische Mordserie aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können. Die Vorwürfe gegen die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe und vier ebenfalls inhaftierte, mutmaßliche Helfershelfer der Zwickauer Neonazi Zelle, stünden auf wackligen Füßen, hieß es in den Sicherheitskreisen. Die Vorwürfe lauten auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, beziehungsweise auf Unterstützung einer solchen Vereinigung. Doch Zschäpe, die zusammen mit den beiden verstorbenen Rechtsextremisten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gebildet haben soll, schweige weiterhin zur Sache. Wenn sie nicht aussage, werde der Nachweis einer terroristischen Vereinigung schwer, vielleicht sogar unmöglich, verlautete weiter.

Wenn Zschäpe nicht die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nachgewiesen werden könne, müsse der mit hohen Strafandrohungen belegte Terror-Vorwurf fallengelassen werden, sagte ein hochrangiger Sicherheitsexperte. Denn nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht eine terroristische Vereinigung gemäß Paragraph 129 a des Strafgesetzbuches aus mindestens drei Mitgliedern. Entfalle der Terror-Vorwurf, könne Zschäpe womöglich nur noch wegen schwerer Brandstiftung belangt werden, hieß es in den Kreisen weiter. Zschäpe hatte die gemeinsam mit Böhnhardt und Mundlos bewohnte Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt, als die Polizei dem Trio nach einem Banküberfall auf die Spur gekommen war. Nach Ermittlungen der Polizei hatte Mundlos zuvor Böhnhardt in einem Wohnwagen in Eisenach erschossen und sich dann selbst getötet.

Auch die Vorwürfe gegen die mutmaßlichen Unterstützer brächen dann in einem zentralen Punkt zusammen. Den Helfern wird angelastet, das im Untergrund lebende Trio mit Papieren, Wohnungen und Waffen versorgt zu haben. Keinem der vier könne aber bislang nachgewiesen werden, dass sie. tatsächlich Einblick in das verbrecherische Werk der Zwickauer Zelle gehabt hätten, hieß es in den Kreisen. Drei von ihnen, darunter der Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, verweigerten inzwischen die Aussage; neue Erkenntnisse hätten sich bei keiner der bisherigen Vernehmungen ergeben, verlautete weiter. Außerdem stelle sich die Frage, wie lange die vier Männer in Untersuchungshaft bleiben könnten, wenn ihnen keine Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nachgewiesen werden könne. Weitere Festnahmen sind nach Einschätzung aus Sicherheitskreisen in nächster Zeit nicht zu erwarten, auch wenn es noch einige andere Verdächtige gebe, die als potentielle Unterstützer angesehen würden.

Von Susanne Höll

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