welt-online.de, 08:33 Uhr, 21.12.2011
Wulff gibt Verhandlungen mit Egon Geerkens zu
Egon Geerkens war an der Aushandlung des Kredits für Christian Wulff beteiligt. Das bestätigt der Anwalt des Bundespräsidenten. Das Bankgeheimnis um den BW-Bank-Kredit bleibt tabu.
Der Anwalt des Bundespräsidenten Christian Wulff, Gernot Lehr, hat bestätigt, dass Unternehmer Egon Geerkens in die Verhandlungen rund um den umstrittenen Kredit involviert war, den seine Ehefrau Edith an die Wulffs im Herbst 2008 vergeben hat. In einer Stellungnahme schrieb Lehr an "Welt Online“: „Der Darlehensgewährung vorausgegangen war die Suche des Ehepaars Wulff nach einer geeigneten Immobilie. Hierin war Herr Egon Geerkens aufgrund seines besonderen Sachverstands und der freundschaftlichen Beziehungen eingebunden. In diesem Zusammenhang ging die Initiative für ein Privatdarlehen von Frau Edith Geerkens aus. Die Modalitäten wurden gemeinsam besprochen, das Darlehen von Frau Edith Geerkens gewährt.“
Bislang berief sich der Bundespräsidenten stets darauf, dass Edith Geerkens die Kreditgeberin war. Zur Frage, inwieweit Egon Geerkens bei den Verhandlungen involviert war, hat der ehemalige Ministerpräsident Niedersachsens bislang keine Stellung genommen.
Entsprechende Aussagen Geerkens am Wochenende im „Spiegel“ hatten diese Vermutung allerdings nahegelegt. Eine Anfrage des niedersächsischen Landtags Anfang 2010, ob es irgendwelche Geschäftsbeziehungen zwischen Wulff und dem Unternehmer bestanden, hatte der damalige Ministerpräsident mit „nein“ beantwortet. Noch an diesem Dienstag schrieb der Geerkens-Anwalt Christian Schertz in einer Pressemitteilung, dass „Kreditinitiative und Gewährung…ausschließlich durch Frau Geerkens“ erfolgt seien.
Bundespräsident Christian Wulff will zudem das Bankgeheimnis rund um seinen 500 000-Euro-Kredit bei der BW-Bank nicht aufheben. Mit Verweis auf die im Grundbuch eingetragene Grundschuld antwortete Wulff-Anwalt Lehr auf eine entsprechende Anfrage von "Welt Online“: "Vor diesem Hintergrund ist eine Befreiung von dem Bankgeheimnis nicht erforderlich. Dies gilt umso mehr, als kein Anhaltspunkt besteht, dass die BW-Bank bei der Kreditvergabe von den üblichen Verfahrensweisen oder Bedingungen abwich.“
Der Bundespräsident hatte kürzlich Transparenz rund um den Kredit der Unternehmer-Ehefrau Edith Geerkens versprochen und Einsicht in die Unterlagen zum Kredit gewährt. "Welt online“ übermittelte Lehr und der BW-Bank daraufhin detaillierte Fragen zu dem 500.000-Euro-Kredit, mit dem das Ehepaar Wulff 2010 den Geerkens-Kredit ablöste. Darunter waren Fragen nach der ungewöhnlich geringen Besicherung des Kredits – die Kreditsumme entsprach rund 120 Prozent des als Grundschuld angegebenen Immobilienwerts – sowie die ungewöhnliche Laufzeit und Zinskonditionen. Der Kredit war als Geldmarktdarlehen mit einem variablen Zinssatz vergeben worden.
Wulff-Anwalt Lehr antwortete: „Die Konditionen des Kredits der BW-Bank sind nicht ungewöhnlich.“ Zudem verwies er auf ein Wertgutachten, durch das der Beleihungswert ermittelt worden sei. „Auf dieser Grundlage wurde auch bezüglich der Immobilie des Ehepaars Wulff die Kreditsumme festgelegt.“ Dabei sei zu berücksichtigen, dass „Herr und Frau Wulff das Haus nach Erwerb renovieren ließen.“ Zudem habe Herr Wulff im Fall des BW-Bank-Kredits „keinen Anhaltspunkt, dass von den üblichen Verfahrensweisen oder Bedingungen abgewichen wurde“.
Eine Anfrage an die BW-Bank, ob tatsächlich ein Geldmarktdarlehen mit variablen Zinssatz sowie einer Besicherung unter der Kredithöhe üblich ist, blieb unbeantwortet.
Jörg Eigendorf und Marc Neller