Agenturen, dapd, 14:26 Uhr, 28.12.2011
«Von uns geht keine Eskalation aus» - Bündnis «Dresden Nazifrei» bereitet sich auf Blockaden am 18. Februar vor
Dresden (dapd-lsc). Im kommenden Februar werden wieder Tausende Rechtsextreme in Dresden zu einem Aufmarsch erwartet. Das Bündnis «Dresden Nazifrei» will wie in den Jahren zuvor die Pläne der Rechten durchkreuzen und sie mit Blockaden an einem Marsch durch die Stadt hindern. dapd-Korrespondent Christian Wolf sprach mit Bündnissprecher Benjamin Kümmig über die Vorbereitungen zur Blockade, die Gewalt in diesem Jahr und die geplante Großkundgebung der Stadt.
dapd: Mit welcher Zielsetzung geht das Bündnis an den 18. Februar heran?
Kümmig: Wir haben uns ganz klar wieder die Blockade des Neonazi-Aufmarsches vorgenommen. Die Rechten sollen nicht durch Dresden laufen. Bei den letzten beiden Male wurde deutlich, dass es für die Nazis unerträglich ist, wenn sie wieder nach Hause fahren müssen, ohne etwas getan zu haben. Genau das wollen wir 2012 wieder erreichen und solange weitermachen, bis der Dresdner Nazi-Aufmarsch Geschichte ist.
dapd: Wie groß ist die Unterstützung dafür?
Kümmig: Wenn es wieder 20.000 Blockierer werden wie in diesem Jahr, dann sind wir voll zufrieden. Es kann aber gut sein, dass es noch mehr Leute werden. Allein die Liste unserer Unterstützer im Internet wird täglich länger. Neben den vielen Dresdnern werden im Februar auch wieder Teilnehmer aus ganz Deutschland dabei sein.
dapd: Werden die Leute von dem Vorgehen der Justiz gegen Blockierer gar nicht abgeschreckt?
Kümmig: Das Vorhaben von Stadt und Land, durch Repressionen gegen Blockierer den Protest zu kriminalisieren, ist komplett fehlgeschlagen. Uns wird aus ganz Deutschland eine große Solidarität entgegengebracht und die Leute sind motivierter denn je. Anscheinend lassen sich die Menschen im Kampf gegen Rechts nicht von einer tausendfachen Handydatenabfrage und Prozessen gegen Blockierer abschrecken.
dapd: Erwarten Sie im kommenden Jahr ein ähnliches Vorgehen?
Kümmig: Dass es noch einmal zu solch einem Skandal wie der Handydatenabfrage kommt, glaube ich nicht. Aber wenn der Polizeipräsident schon jetzt in Interviews sagt, dass er auf jeden Fall mit Krawallen rechnet, dann entsteht bei uns der Eindruck, dass die Gewalt herbeigeredet werden soll.
dapd: In diesem Jahr kam es zu Krawallen. Was halten Sie von diesem gewalttätigen Weg?
Kümmig: Wir betonen immer wieder: Von uns geht keine Eskalation aus. Darauf haben wir uns im Bündnis geeinigt und das steht auch in unserem Aufruf. Wer sich daran nicht hält, gefährdet unsere Legitimation. Wenn bei unseren Aktionen dennoch jemand aus der Reihe tanzen will, dann machen wir ihm deutlich, dass er bei uns nicht erwünscht ist. Schließlich wollen wir ein breites Teilnehmerfeld bei unseren Blockaden haben.
dapd: Ihr Bündnis hat mit den Gewaltakten also nichts zu tun?
Kümmig: Nein. Wie ich schon gesagt habe, sind die Krawalle für unser Ziel nicht sinnvoll. Aber die Verantwortlichen in Politik und Polizei nutzen immer wieder die Gelegenheit, um uns mit den Chaoten in einen Topf zu werfen. Ich sage aber ganz klar: Wir als Bündnis sind nicht für die verantwortlich.
dapd: In diesem Jahr soll es erstmals eine von der Stadt geplante Großkundgebung geben. Was halten Sie davon?
Kümmig: Alles, was neben uns stattfindet und sich gegen den Nazi-Aufmarsch stellt, ist von Natur aus gut. Im Endeffekt sehen wir das auch als einen Erfolg von uns an, denn jahrelang waren wir die Einzigen, die etwas gegen diese unsäglichen Aufmärsche getan haben. Ob der Protest in Hör- und Sichtweite der Nazis tatsächlich erlaubt wird, da bin ich noch etwas skeptisch. Bis jetzt ist das alles sehr halbherzig.
dapd: Sie persönlich treten in der Öffentlichkeit bewusst mit Ihrem Namen auf und bieten Rechtsextremen Paroli. Wie reagieren die darauf?
Kümmig: Das Standardprogramm sind Drohungen. Die kommen per Mail bei mir an oder ich werde von irgendwelchen komischen Typen angerufen. Von simplen Beleidigungen bis zu Morddrohungen war schon alles dabei. Tätlich angegriffen wurde ich aber zum Glück noch nie.
dapd: Wie frustrierend ist es dann, in der öffentlich Wahrnehmung als Gegner von Recht und Demokratie dazustehen?
Kümmig: Eigentlich machen wir ja eine sinnvolle Sache und blockieren diesen Nazi-Aufmarsch. Leider fallen Polizei, Staatsanwaltschaft und den konservativen Politikern nicht anders ein, als uns wie Kriminelle zu behandeln. Wenn aber Tausende Menschen unserem Aufruf folgen und wir die Nazis aus Dresden verjagen, dann ist das Anerkennung genug.
dapd/wol/abj/stu
281426 Dez 11