Agenturen, dpa, 17:36 Uhr, 12.01.2012
Innenminister für mehr Personal im Kampf gegen Rechts
Nächtliche Fackelzüge und Skinhead-Konzerte verunsichern - Sachsens Innenminister denkt jetzt über mehr Personal zur Bekämpfung von Rechtsextremisten nach. Der geplante Stellenabbau bei der Polizei könnte kippen.
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) will mehr Personal im Kampf gegen Rechtsextremismus. «Aus jetziger Sicht sind bei der Polizeireform Änderungen erforderlich», sagte er am Mittwochabend in Dresden. Das betreffe sowohl die Kriminalpolizei als auch die mobilen Einsatzzüge der Polizei. Das sei notwendig, um unangemeldete Veranstaltungen wie Skinhead-Konzerte und sogenannte Flashmobs - nicht angemeldete Menschenansammlungen - zu unterbinden.
Derzeit gebe es in der rechtsextremistischen Szene einen Trend, mit überraschenden Aktionen wie etwa nächtlichen Fackelzügen Maskierter die Bevölkerung massiv zu verunsichern, sagte Ulbig. Das Polizeikonzept «2020», das unter anderem auch einen Stellenabbau bei der Kriminalpolizei um 15 Prozent vorsieht, solle deshalb nochmals ergebnisoffen geprüft werden.
Nur wenige Stunden nach den Äußerungen des Ministers durchsuchten Polizisten wegen eines solchen Flashmobs Wohnungen in vier Bundesländern. Die Ermittlungen richten sich gegen 40 Männer und eine Frau aus Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Sie sollen sich vermummt und maskiert an einer solchen Aktion beteiligt haben, die Ende September zu nächtlicher Stunde die Bewohner von Stolpen in Angst und Schrecken versetzt hatte. Gegen sie wird deshalb wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt.
Nach Angaben des Verfassungsschutzes ist es in den vergangenen zwei Monaten mehrmals gelungen, solche Zusammenkünfte von Rechten zu unterbinden. «Mehr als eine, weniger als fünf», sagte der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, Reinhard Boos. Diese würden hochkonspirativ vorbereitet und seien daher schwer aufzuklären. Solche Fackelzüge, wie es sie auch in Bautzen und Pirna bei Dresden gab, seien keine Spontandemonstration, verdeutlichte Ulbig. Denn sie setzten eine Vorbereitung der Teilnehmer voraus.
Polizeipräsident Bernd Merbitz hatte bereits im November erklärt, dass sich die Polizei nach dem Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie auf mehr öffentliche Aktivitäten aus der rechten Szene einstelle. «Wir werden ein Netz der Flexibilität der Einsatzkräfte aufbauen», sagte er. Das werde mit den Polizeidirektionen und der Bereitschaftspolizei abgestimmt. Nötig seien stabile Polizeikräfte vor Ort, die dann schnell einschreiten, Personalien feststellen und strafrechtlich relevante Dinge verfolgen könnten. «Ein Funkwagen reicht da nicht», verdeutlichte er die Dimension der Aufgabe bei Flashmobs.
Ulbig will für mehr Personal bei Kripo und Einsatzzügen aber nicht an anderen Stellen bei der Polizei sparen. «Das wird kein Nullsummenspiel», sagte er. Er stelle sich auf eine Kraftanstrengung bei den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen ein, machte der Minister deutlich. Die bisherigen Planungen sehen einen Abbau von rund 2600 Polizeistellen bis 2025 vor. Die oppositionelle SPD-Fraktion sicherte dem Minister ihre Unterstützung bei dem Vorhaben zu. «Wir haben das schließlich selbst oft genug gefordert», erklärte die Innenexpertin Sabine Friedel.
Autorin: Petra Strutz
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