Sächsische Zeitung, 13.01.2012
„Sachsen muss seine Verfassung ändern“
SPD-Chef Martin Dulig zur neuen Schuldenbremse, kostenlosen Schulbüchern und Hilfen für Kommunen.
Herr Dulig, was passt Ihnen an Sachsens Verfassung nicht?
Wir haben eine gute Verfassung. Die SPD hat sie seinerzeit mit erarbeitet und ihr 1992 zugestimmt. Nach 20 Jahren ist aber sicher auch die Frage erlaubt, ob sie noch überall auf der Höhe der Zeit ist, oder ob jetzt an einigen Stellen nachgebessert werden muss.
Wo sehen Sie Korrekturbedarf?
Nehmen wir die festgeschriebene Lernmittelfreiheit. Unklar ist, ob damit nur Schulbücher kostenlos für alle sind, oder wie wir meinen sämtliche Unterrichtsmaterialien. Ein anderer Punkt sind die Quoren für Volksbegehren. Weil die Bevölkerungszahl gesunken ist, sind diese Hürden heute viel zu hoch. Zudem müssen wir über eine Schuldenbremse in der Landesverfassung nachdenken. Ich sehe da überall riesengroßen Änderungsbedarf.
Stichwort Schuldenbremse in der Verfassung. Ein solcher Schritt wird von einigen in Ihrer Partei bisher vehement abgelehnt?
Das stimmt. Eine Schuldenbremse ist aus meiner Sicht aber nötig und sinnvoll, wenn ein paar wichtige Regeln beachtet werden. So muss unbedingt verhindert werden, dass sich die Schuldenbremse nachteilig auf die Finanzlage der Kommunen auswirkt. Zusätzlich muss über Ausnahmeregelungen im Fall von Naturkatastrophen und wirtschaftlichen Notlagen gesprochen werden. Nicht zuletzt müssen wir den Begriff „Investitionen“ neu definieren. Bisher bedeutet der in Sachsen immer nur Beton. Künftig sollten auch Zuschüsse wie für die Bildung per Gesetz als Investitionen gelten.
Reicht das, um alle Skeptiker in der Sachsen-SPD zu überzeugen?
Es sind wichtige Punkte, die dafür sorgen könnten, dass eine Schuldenbremse am Ende allen Bürgern im Land hilft, weil die Finanzlasten für die heutige und kommende Generationen gedeckelt werden. Die SPD wird deshalb am Wochenende auf ihrer Klausur darüber beraten.
Verfassungsänderungen benötigen eine Zweidrittelmehrheit im Landtag. Ihre Partei könnte dabei das Zünglein an der Waage sein?
Ob die Koalition aus CDU und FDP dabei von den Linken oder von Rot-Grün unterstützt wird, ist bei dem Thema völlig egal. Bei Verfassungsänderungen sollten Parteiprogramme hinten anstehen. Wichtiger ist, die richtigen Entscheidungen für das Land und die Bürger zu treffen.
Das Gespräch führte Gunnar Saft