Sächsische Zeitung, 13.01.2012
Prozess um „Sachsensumpf“ begonnen
Ein Ex-Mitarbeiter des Verfassungsschutzes steht wegen Geheimnisverrats vor Gericht.
Mit Befangenheitsanträgen hat gestern vor dem Amtsgericht Dresden der Strafprozess gegen einen ehemaligen Verfassungsschutzbeamten begonnen. Der Angeklagte wird beschuldigt, im Zusammenhang mit der sogenannten Sachsensumpf-Affäre im Jahr 2006 dem Buchautor Jürgen Roth geheime Verfassungsschutz-Unterlagen gegeben zu haben. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Beamten Geheimnisverrat, versuchte Nötigung und Urkundenfälschung vor.
Roth hatte mit seinen Veröffentlichungen zum „Sachsensumpf“ 2007 für großes Aufsehen gesorgt. Hintergrund der Affäre waren Gerüchte, Richter, Staatsanwälte und Geschäftsleute seien in das Leipziger Rotlichtmilieu verstrickt gewesen. Die Behauptungen haben sich später als haltlos herausgestellt.
Angeklagt ist auch die Ehefrau des Beamten. Die drei Anwälte stellten zu Beginn des ersten Verhandlungstages einen Befangenheitsantrag gegen Richter Ulrich Stein. Der Grund: Stein habe die Anklage zugelassen, als Norbert Röger Präsident des Amtsgerichts war. Röger wurde lange zu Unrecht beschuldigt, im Mittelpunkt der Affäre zu stehen, und muss deshalb möglicherweise auch als Zeuge aussagen. Der Richter könne aber nicht unbefangen urteilen, wenn sein ehemaliger Präsident betroffen sei, meinen die Anwälte.
Die Richterin Birgit Keeve, die über den Befangenheitsantrag gegen Stein entscheiden sollte, halten die Anwälte ebenfalls für befangen. Sie ist Pressesprecherin des Gerichts und habe sich in dieser Funktion öffentlich zu der Affäre geäußert. Über den Ablehnungsantrag gegen Keeve muss jetzt eine dritte Richterin entscheiden.
Von Karin Schlottmann