Sächsische Zeitung, 15.02.2012
Neonazis sind zerstritten und frustriert
Bei den Rechten macht sich Ratlosigkeit breit – mit ihren Aufzügen zum 13.Februar driften sie immer mehr ins Abseits.
Vor einem Jahr sprach Maik Müller, Exponent der Dresdner Kameradschaftsszene, nach dem Fackelaufzug am 13.Februar von einem „kleinen Schritt in die richtige Richtung“, obwohl schon da nicht alles so lief wie gewünscht. Vorgestern, als er seine Kameraden abermals verabschiedete, musste Müller, selbst einigermaßen frustriert, einräumen: Der Tag habe gezeigt, dass neue Wege gegangen werden müssten. Müller ist Anmelder der gespenstigen Aufzüge und musste hinnehmen, dass die von Tausenden Dresdnern unerwünschte Veranstaltung erneut floppte. Dabei hatte sich die Neonaziszene auf diesen Tag konzentriert, um erneut das Gedenken zu missbrauchen.
Fast 2000 Kameraden waren von der Ostsee und aus Bayern stundenlang angereist und durften gerademal 1200 Meter laufen. Müller musste eine verkürzte Route hinnehmen, weil Ankömmlinge bei der Kontrolle gebummelt hatten und Blockaden den geplanten Marsch nicht zuließen. Zudem fehlten Ordner. Via Lautsprecher musste er nach nicht vorbestraften Männern rufen, die geeignet waren.
„Kein würdiges Gedenken“
Schon unterwegs machte sich Frust breit, insbesondere bei Neonazis aus Berlin und von der Küste. Rund 400 verweigerten Müller nach der Hälfte des Weges die Gefolgschaft und blieben einfach stehen. Am Sternplatz platzte einem der Kragen, er brüllte Naziparolen. „Halt die Fresse, das ist ein Trauermarsch“, fauchte ihn ein Nachbar an. „Ich mache das nicht länger mit, immer sollen wir die Klappe halten, wir müssen endlich mal unser Maul aufmachen“, schrie der Brüller misslaunig zurück. Wie Bummelstreikende kamen Hunderte Kameraden über eine halbe Stunde später wieder am Hauptbahnhof an. Zuvor waren sie wohl heftig mit der Versammlungsleitung ins Gericht gegangen und hatten kundgetan, dass sie sich verarscht fühlten.
Von „Enttäuschung“ und „Schande“ schrieb denn auch gestern ein Mitglied namens Oberlandsturm in der „germanischen Weltnetzgemeinschaft“ Thiazi. In dem Neonaziforum streiten Kameraden nun heftig über Sinn und Unsinn des Aufmarsches. „Kein würdiges Gedenken, wenn man mich fragt“, meint ein Gast namens ns-fight.
Nach gescheiterten Großaufzügen 2010 und 2011 und dem misslungenen Fackelzug am 13. Februar ist die Neonaziszene zerstritten darüber, wie sie diesen Tag künftig noch instrumentalisieren kann. Der Frust sei „nachvollziehbar“, aber jeder, der glaube, es besser machen zu können, sei „eingeladen“, schreibt Thiazi-Mitglied Max Braun im Forum. Wer verbirgt sich wohl dahinter? Es soll Maik Müller sein, der angeblich keine Lust mehr hat.
Von Thomas Schade