Sachsens Polizeipräsident soll zwischen 2007 und 2009 Privatfahrten mit dem Dienstauto unternommen und nicht gesondert abgerechnet haben.
DRESDEN. Sachsens oberster Ordnungshüter, Landespolizeipräsident Bernd Merbitz, steckt offenbar mitten in einer Dienstwagenaffäre. Er soll die Privatnutzung von Dienstwagen nicht korrekt abgerechnet haben. Das stellte zumindest sein Dienstherr, das sächsische Innenministerium, bei einer routinemäßigen Überprüfung der Fahrtenbücher fest. Daraufhin hatte es Merbitz aufgefordert, mehr als 6000 Euro an die Staatskasse zu zahlen. Setzt man die 31 Cent der Dienstwagenverordnung als Kilometerpauschale an, hieße das, Merbitz wäre rund 20.000 Kilometer privat auf Steuerzahlerkosten unterwegs gewesen.
Öffentlich gemacht hat den Fall der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle. Er hat im Landtag gestern eine parlamentarische Anfrage eingereicht und verlangt Aufklärung. Ihm geht es um die Höhe des dem Freistaat entstandenen Schadens, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde und ob die Staatsregierung strafrechtliche Ermittlungen wegen Untreue und Vorteilsnahme für notwendig hält.
Der Landespolizeipräsident, Chef von 12.000 Polizeibeamten in Sachsen, gab gestern auf Anfrage der „Freien Presse" bereits Antwort Es handle sich um Fahrten zwischen 2007 und 2009, die in keinem Fall privaten Charakter gehabt hätten. „Ich war da nie als Privatmann, sondern immer als Polizeipräsident unterwegs", sagte der 56jährige. Ihm sei beispielsweise angelastet worden, dass er bei den wochenlangen Ermittlungen im Mordfall Michelle in Leipzig abends nicht zurück zur Dienststelle nach Dresden, sondern mit dem Dienstwagen nach Hause nach Naunhof bei Leipzig und von dort am nächsten Morgen nach Dresden gefahren sei. War er mit Fahrer unterwegs, hätte der ihn zuhause abgesetzt und sei allein zurück nach Dresden gefahren. „In solchen Fällen habe ich mich am nächsten Morgen abholen lassen. Mein Privatwagen stand ja in Dresden", rechtfertigt sich Merbitz.
Bereits im Jahr 2010 habe er dazu Stellung nehmen müssen. „Ich habe daraufhin selbst beim Innenministerium beantragt, gegen mich ein Disziplinarverfahren .einzuleiten. Das wurde eingestellt. Stattdessen kam im vergangenen Jahr die Rückzahlungsforderung." Merbitz weigerte sich zu zahlen. Deshalb liegt der Fall jetzt auf sein Betreiben beim Verwaltungsgericht Dresden zur Entscheidung.
Dem damit verursachten Wirbel sieht Merbitz, der sich anwaltlich vertreten lässt, gelassen entgegen. „Sicher: Ich hätte auch stillschweigend zahlen können. Damit wäre Ruhe gewesen. Aber das wäre ja einem Schuldeingeständnis gleichgekommen. Ich habe mir aber nichts 'vorzuwerfen, sondern bestehe darauf, dass alles sauber geklärt wird.
Hansintern weht Merbitz seit einen Jahr der Wind heftig ins Gesicht Dennoch Will er sich aus Loyalitätsgründen nicht dazu äußern, was für den Gegenwind sorgt Anfang 2011 hatte ihn Innenminister Markus Ulbig (CDU) mit „Hausarrest" belegt, sprich zum Innendienst verdonnert, weil er offenbar zu viel in der Öffentlichkeit auftrat und mit seiner forschen, hemdsärmeligen Art mitunter übers Ziel hinausschoss und Ulbig die Show stahl.
Das Innenministerium bestätigte gestern den brisanten Rechtsstreit um strittige Fahrten. Während Minister Ulbig mittags noch von einem laufenden Disziplinarverfahren sprach, korrigierte Merbitz seinen Minister. Dieses Verfahren sei eingestellt, sagte er. Offen ist nach seinen Worten sein Widerspruch gegen eine „missbilligende Äußerung" wegen Verletzung der Dienstpflichten bei Führung des Fahrtenbuchs. Selbst diesen leichten Rüffel nach Beamtenrecht will Merbitz nicht hinnehmen.
von Gabi Thieme und Uwe Kuhr
Sachsens Dienstwagenaffären
Den Umgang mit Dienstwagen in der Landesverwaltung regelt eine Verwaltungsvorschrift. Danach ist die Benutzung von Dienstautos außerhalb des Dienstes grundsätzlich unzulässig. Dazu gehören auch Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle sowie private „Umwegfahrten" im Rahmen des Dienstes. In Ausnahmefällen muss die außerdienstliche Nutzung gegen ein Entgeld vorher beantragt und genehmigt sein.
Bernd Merbitz ist nicht der erste, den eine Dienstwagenaffäre in die Schlagzeilen bringt. Auch der frühere Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, der einstige Landtagsdirektor Christopher Metz sowie etliche Landtagsabgeordnete, darunter die CDU-Politikerin Kerstin Nicolaus, mussten sich dafür verantworten. (gt)