Sächsische Zeitung Riesa, 23.02.2012
Landtags-Anfrage bringt unbekannte Ermittlungen gegen Mütsch ans Licht
Der Kämmerer stand bereits früher im Visier der Behörden. Davon erfuhr Markus Mütsch allerdings erst zwei Jahre später.
Die zurzeit laufenden Untersuchungen der Dresdner Staatsanwaltschaft wegen möglicher Untreue von Markus Mütsch (CDU) sind nicht die ersten Ermittlungen gegen den Riesaer Finanzbürgermeister. Das geht aus der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf eine kleine Anfrage des
SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle hervor.
Dieser wollte unter anderem wissen, ob es wegen der Zinswetten in Riesa strafrechtliche Ermittlungen oder Vorermittlungen gegeben hat. Innenminister Markus Ulbig (CDU) erklärte daraufhin, dass es neben dem aktuellen Ermittlungsverfahren wegen Untreue, Steuerhinterziehung und Vorteilsnahme bereits im Jahr 2009 Untersuchungen gegeben hatte – insbesondere gegen Markus Mütsch.
Kämmerer als Zeuge geladen
Damals ging es eigentlich um einen Betrugsvorwurf gegen Mitarbeiter der Sachsen LB beziehungsweise der Landesbank Baden-Württemberg. Diese sind im Zusammenhang mit dem Abschluss mehrerer Zinswetten mit der Stadt Riesa aufgekommen. „Ich erinnere mich an den Fall“, sagte Markus Mütsch. „Damals war ich sogar als Zeuge bei der Staatsanwaltschaft Leipzig geladen.“ Der Staatsanwalt in Leipzig stellte das Verfahren ein. „Insbesondere waren die aus den Swap-Geschäften erwachsenen Vorteile und Risiken in den Anlageverhandlungen und Vertragsunterlagen im ausreichenden Maße erläutert und dokumentiert worden“, hieß es dazu aus der Messestadt. Auch dies war Mütsch bekannt. Dass nach der Einstellung des Verfahrens in Leipzig die Ermittlungsakte im Januar 2010 an die Staatsanwaltschaft Dresden überreicht worden ist, davon wusste er jedoch nichts.
Die Anwälte in der Landeshauptstadt sollten prüfen, ob gegen die Verantwortlichen der Stadt Riesa ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue zum Nachteil der Kommune einzuleiten ist – sprich: gegen Markus Mütsch. Mit einem Verdacht habe das jedoch nichts zu tun gehabt, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig, Lutz Lehmann, auf SZ-Nachfrage erklärte. „Das ist ein Standardprozedere. Es hat dazu von uns keine Prüfung gegeben“, sagte der Staatsanwalt. In Dresden haben dann Vorermittlungen stattgefunden, ein Verfahren wurde allerdings nicht eingeleitet.
Kein finanzieller Schaden?
Markus Mütsch hat von diesen Untersuchungen nach eigenen Worten nichts gewusst. Erst im Zuge der aktuell laufenden Ermittlungen habe er davon Kenntnis erhalten. „Ich habe um eine Kopie meiner Personalakte gebeten. Dort stand dann der gesamte Sachverhalt drin“, sagte Mütsch sichtlich überrascht. Aus den Unterlagen, die der SZ vorliegen, geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft damals keine Anzeichen dafür gefunden hatte, dass der Stadt ein finanzieller Schaden aus den Zinswetten entstanden sei. Demnach könne Markus Mütsch auch keine vorsätzliche Untreue vorgeworfen werden. Eine „fahrlässige begangene Untreue“ sei zudem straflos, Ermittlungen daher unnötig. Markus Mütsch selbst wertet diese Einschätzung der Staatsanwaltschaft von Januar 2010 wohl auch als gutes Zeichen im aktuellen Fall.
Allerdings sind wohl die derzeit laufenden Ermittlungen wesentlich intensiver. Auch nach mehrmonatiger Überprüfung von etwa 8000 Seiten Unterlagen ist der Ausgang des Verfahrens noch völlig offen. Nach Aussage eines Sprechers der Dresdner Staatsanwaltschaft, dauerten die Ermittlungen an, viele Zeugen müssten noch vernommen werden. Die besagten Zinswetten würden Riesa bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung derzeit wohl etwa 24Millionen Euro kosten.
Von Robert Reuther