Agenturen, dpa, 05:30 Uhr, 20.03.2012
SPD: eingeschränkte Kooperation von Neonazi-Untersuchungsausschüssen
Gespräch:von Bettina Grachtrup mit der Obfrau der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl
Berlin (dpa) - Der Neonazi-Untersuchungsausschuss im Bundestag wird wohl nur eingeschränkt mit dem Untersuchungsausschuss im Dresdner Landtag kooperieren. Grund sei, dass die rechtsextreme NPD in dem Ausschuss vertreten sei, sagte die Obfrau der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, der Nachrichtenagentur dpa.
«Das bedeutet, dass wir mit dem Untersuchungsausschuss in Sachsen nicht so zusammenarbeiten können wie mit dem in Thüringen», sagte sie. «Mit dem Thüringer Untersuchungsausschuss haben wir vereinbart, dass wir uns als Untersuchungsausschuss gegenseitig besuchen und informieren.»
Das sei aber mit dem Ausschuss in Dresden so nicht machbar. «Wir schlagen vor, dass die einzelnen Bundestagsfraktionen ihre Kolleginnen und Kollegen aus den Landtagsfraktionen einladen und sich mit ihnen austauschen. Ich hoffe, dass wir uns interfraktionell darauf verständigen können», sagte sie. Die Obleute der Bundestagfraktionen wollen am Mittwoch darüber sprechen.
Eine indirekte Zusammenarbeit mit dem sächsischen Gremium schlug auch der Ausschuss-Vorsitzende Sebastian Edathy vor. Dem Radiosender MDR INFO sagte der SPD-Politiker: «Ich schließe die Kooperation nicht aus. Man wird aber geeignete Wege finden müssen, wie man diese Kooperation erfolgen lassen kann.» Edathy regte an, dass sich die Sprecher der fünf Bundestagsfraktionen im Ausschuss mit ihren Kollegen im Dresdner Gremium austauschen. «Da hat man die NPD außen vor und sehr wahrscheinlich doch ein ausreichendes Maß an Informationsfluss.»
An diesem Donnerstag setzt der Bundestagsausschuss seine Arbeit mit der Befragung von Sachverständigen fort. Eingeladen sind dann Rechtsextremismusexperten. Ende April will der Ausschuss mit der Vernehmung von Zeugen beginnen.
«Wir haben uns darauf verständigt, mit dem Komplex Soko 'Bosporus' - also den Mordermittlungen - zu beginnen», sagte Högl. «Dabei werden wir nicht all die falschen Ermittlungswege nachzeichnen. Wir wollen dort ansetzen, wo es Hinweise auf einen rechtsextremen Hintergrund gegeben hat.» So hätten zwei Profiler - einer in Bayern und einer in Baden-Württemberg - offenbar solche Hinweise gegeben. Profiler sind Fachleute für die Erstellung von psychologischen Profilen gesuchter Täter.
Als erste Zeugen werden nach Angaben der SPD-Abgeordneten der Leiter der Soko «Bosporus» und sein Stellvertreter gehört, anschließend die beiden Profiler. «Danach möchten wir möglichst schnell zu den Problemen zwischen Landesverfassungsschutz und Polizei in Bayern kommen, die es bei der Auswertung der Profiler-Hinweise offenkundig gegeben hat», sagte sie.
Der Neonazi-Untersuchungsausschuss soll klären, warum die Zwickauer Rechtsterroristen unerkannt zehn Menschen ermorden konnten, ohne dass die Sicherheitsbehörden sie im Visier hatten.
Autorin: Bettina Grachtrup
dpa bg yydd a3 bi/mma
200530 Mrz 12