Agenturen, dpa, 07:10 Uhr, 17.04.2012
NSU-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit auf
Sachsens Untersuchungsausschuss zum Neonazi-Terror steht viel Arbeit bevor. An diesem Dienstag geht es los. Geheimdienstchef Reinhard Boos und seine Vorgänger sollen später vernommen werden.
Dresden (dpa/sn) - Die Opposition im sächsischen Landtag drückt beim Untersuchungsausschuss zum Neonazi-Terror aufs Tempo. Schon bei der konstituierenden Sitzung geht es um Beweisanträge, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Fraktionskreisen. Demnach sollen Landespolizeipräsident Bernd Merbitz in seiner Eigenschaft als früherer Chef der Sonderkommission Rechtsextremismus in Sachsen und der Dresdner Oberstaatsanwalt Jürgen Schär als Zeugen geladen werden. Ferner möchten die Parlamentarier alle Jahresberichte des Landesamtes für Verfassungsschutz in Sachsen einbeziehen. Die Dokumente sind öffentlich verfügbar. Erst später planen Linke, SPD und Grüne eine Vernehmung von Geheimdienstchef Reinhard Boos und seiner Vorgänger.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss will mögliche Fehler der sächsischen Regierung und ihr untergeordneter Behörden bei der Aufklärung beleuchten. Die in Jena gegründete Gruppierung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) soll Ende der 90er Jahre zunächst in Chemnitz aufgetaucht sein. Später hatte sie nachweislich in einem Zwickauer Mietshaus gelebt. Sachsens Geheimdienst besaß laut offizieller Darstellung nach 2001 keine Informationen mehr über die Gruppierung. Diese wird für eine beispiellose Mordserie und weitere Straftaten verantwortlich gemacht. Neun Menschen mit ausländischen Wurzeln und eine Polizistin aus Deutschland starben.
Wegen des jahrelangen Abtauchens der Terrorzelle in Sachsen sehen viele die Behörden des Freistaates in einer besonderen Verantwortung. Die Opposition möchte daher alles unter die Lupe nehmen, was mit dem Wirken der Gruppe in Sachsen zu tun hat. So will der U-Ausschuss zum Beispiel Unterlagen zu allen hier vom NSU begangenen Banküberfällen anfordern. Auch der Datenaustausch zwischen Behörden innerhalb des Freistaates und zwischen Sachsen und Stellen im Bund und anderen Ländern wird hinterfragt. Die CDU/FDP-Koalition war gegen einen eigenen U-Ausschuss, weil hier die rechtsextreme NPD mit am Tisch sitzt. Sie hält ihn deshalb für einen politischen Fehler. NSU- Untersuchungsausschüsse gibt es auch in Thüringen und im Bundestag.
Autor: Jörg Schurig
dpa jos yysn n1 bku
170710 Apr 12