Agenturen, dpa, 12:16 Uhr, 18.04.2012
Tillich rechnet fest mit NPD-Verbot - Abriss von NSU-Versteck beginnt
Sachsens Ministerpräsident lässt bei einem kurzen Auftritt in Zwickau keinen Zweifel: Die NPD gehört aus seiner Sicht verboten. Die Stadt empfängt Tillich mittlerweile mit offenen Armen. Immerhin trägt Sachsen fast die gesamten Kosten für den Abriss des NSU-Verstecks.
Zwickau (dpa/sn) - Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) rechnet fest mit dem Zustandekommen eines NPD-Verbots. «Ich bin optimistisch. Aus öffentlichen Quellen ist hinreichend bekannt, dass die NPD eine antidemokratische, rassistische, antisemitische und den Nationalsozialismus verherrlichende Partei ist», sagte Tillich am Mittwoch auf einer Tagung zum Thema Rechtsextremismus in Zwickau. Wiederholt hätten NPD-Politiker nach dem Einzug in die Landtage von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern «in volksverhetzenden Reden offen nationalsozialistische Ideologien» vertreten.
Er sei «zuversichtlich», dass es trotz hoher Hürden durch das Bundesverfassungsgericht gelingen werde, «in Karlsruhe ein Verbot der NPD zu erwirken», fügte Tillich hinzu. Voraussichtlich würden die Ministerpräsidenten der Länder die Einleitung des Verbotsantrags am 6. Dezember beschließen, aber «Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit». Die Demokraten hätten nun den Nachweis zu führen, dass die NPD «ihre erkennbar verfassungsfeindlichen Ziele in einer aggressiv-militanten Art und Weise verfolgt».
Eine Konsequenz aus dem ersten, gescheiterten Verbotsverfahren von 2003 ist Tillich zufolge bereits gezogen: In keinem Bundesland gebe es derzeit noch V-Leute in den Führungsgremien der NPD. «Diese Partei nährt gewaltbereite Kräfte, deren offensichtliches Ziel es ist, die demokratische Ordnung zu unterhöhlen», betonte der Regierungschef. Er sprach von einer «gefährlichen Minderheit» und gab sich zugleich überzeugt, dass die Mehrheit der Sachsen extremistische Tendenzen ablehne.
Tillich trat auf einer Konferenz innerhalb der 10. Zwickauer Tage der Demokratie und Toleranz auf. In der Stadt hatten die Mitglieder der rechtsterroristischen Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) jahrelang unerkannt gelebt. Auf das Konto des 1998 abgetauchten Trios sollen mindestens 10 Morde, 2 Sprengstoffanschläge und 14 Banküberfälle gehen.
Nach Bekanntwerden des von der Gruppe im Untergrund bevorzugten Aufenthaltsorts Zwickau hatte die Stadt Ende 2011 noch mangelnde Unterstützung durch Tillich beklagt. Mittlerweile ist der Ton freundlicher: Am Mittwoch bedankte sich Ordnungsbürgermeister Bernd Meyer (Linke) beim Ministerpräsidenten ausdrücklich für die Unterstützung durch den Freistaat.
Die zeigt sich etwa beim am Montag beginnenden Abriss des letzten NSU-Unterschlupfs in der Frühlingsstraße: Den finanziert vor allem Sachsen mit rund 58 000 Euro. Die Stadt muss nur einen Eigenanteil in Höhe von 6400 Euro aufbringen. Sie will mit dem Abriss einen Wallfahrtsort für Rechtsextreme verhindern.
Autor: Tino Moritz
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181216 Apr 12