Karl Nolle, MdL

Agenturen, dapd, 18:03 Uhr, 08.05.2012

Mutmaßliche NSU-Helfer offenbar zeitig im Geheimdienst-Visier

 
Verfassungsschutz verfolgte laut Berichten Spur nicht weiter - Behörde bestätigt Schreiben an BKA

Dresden (dapd-lsc). Der sächsische Verfassungsschutz hat offenbar frühzeitig mutmaßliche Unterstützer der rechtsextremen Terrorzelle beobachtet. Allerdings habe die Behörde die Spuren nicht weiterverfolgt, berichteten am Dienstag mehrere sächsische Zeitungen unter Berufung auf ein vertrauliches Schreiben des Landesamtes für Verfassungsschutz an das Bundeskriminalamt (BKA).

Aus dem Papier vom November 2011 geht demnach hervor, dass die Verfassungsschützer die Beobachtung zuletzt 2003 wieder einstellten, weil sie die betreffenden Personen für harmlos hielten oder ihnen abnahmen, sich aus der rechten Szene gelöst zu haben. Auch hätten sie vergeblich versucht, die Personen als Informanten anzuwerben.

Im Visier sei Ende 2000 unter anderem auch Mandy S. gewesen, die heute unter dem Verdacht steht, NSU-Mitgliedern geholfen und unter anderem einen Unterschlupf besorgt zu haben.

Der Geheimdienst hatte nach den Berichten der «Freien Presse» und der «Leipziger Volkszeitung» Anfang 2001 den Vorgang aber nach einem Gespräch mit ihr eingestellt. S. soll zuvor erklärt haben, dass sie sich von der rechtsextremen Szene abgewandt habe und im Übrigen nicht gewillt sei, jemanden zu verraten.

Das Landesamt für Verfassungsschutz bestätigte die Existenz des Schreibens. Der Inhalt gebe aber nur einen Teil der Bemühungen im Zusammenhang mit dem Auffinden des Terrortrios wieder, teilte die Behörde in einer Stellungnahme mit. Die «direkten Ansprachen» seien ein übliches Verfahren zur Informationsgewinnung. Daneben seien weitere Möglichkeiten genutzt worden.

Die Behörde erwägt nun, Strafanzeige zu erstatten, da das als Verschlusssache eingestufte Dokument mutmaßlich unrechtmäßig an die Öffentlichkeit gelangt sei.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle sagte, der Bericht an das BKA mit der Offenbarung, dass es spätestens seit Einstellung der operativen Maßnahmen im Jahr 2003 keine berichtenswerte Erkenntnisse des Landesamtes zu den aufgeführten mutmaßlichen Unterstützern des Terrortrios gegeben habe, dokumentiere entweder das Versagen von Sachsens Verfassungsschutz oder er entspreche nicht der Wahrheit. «Beides wäre ein Skandal.»

Die Linke-Innenpolitikerin Kerstin Köditz sagte, der Verfassungsschutz habe nachweislich die Aktivitäten der mutmaßlichen NSU-Helfer unterschätzt. Die Grünen beklagten eine unvollständige Unterrichtung des Innenausschusses und warfen Innenminister Markus Ulbig (CDU) fehlenden Aufklärungswillen vor.

dapd/T2012050801201/lr/kos
081803 Mai 12

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