DNN, 30.05.2012
Neonazi-Terror: Heftige Kritik an Ulbigs Aufklärungskurs
Dresden (DNN). Bei der politischen Aufarbeitung der Neonazi-Mordserie aus Zwickau ist Sachsen bisher durch große Zurückhaltung aufgefallen. Während anderswo — nicht zuletzt im Nachbarland Thüringen — längst Ausschüsse und Gremien berieten, war von den Verantwortlichen im Freistaat wenig zu hören. Das hatte zuletzt auch der Chef der nach ihm benannten Untersuchungs-Kommission in Thüringen, Gerhard Schäfer, beklagt. Zögerlich sei die Amtshilfe ausgefallen, meinte er bei der Vorstellung seines Berichts Mitte Mai. Ja, mehr noch: Die Akten aus Sachsen seien „bruchstückhaft und lückenhaft".
Diese Tonlage dominierte auch gestern die Sondersitzung des Innenausschusses zur rechtsextremen Terrorzelle in Dresden. Zwar betonte Innenminister Markus Ulbig (CDU), er werde den seit langem angemahnten Abschlussbericht zum Neonazi-Trio Ende Juni im Landtag vorlegen. Dennoch gab es anschließend heftige Kritik. So forderte Miro Jennerjahn (Grüne): „Ignoranz und Aussitzen der Staatsregierung im Umgang mit dem Rechtsextremismus muss ein Ende haben." Ulbig solle dringend zu den Versäumnissen sächsischer Behörden Stellung nehmen. Der Ressortchef erklärte die Verzögerung unter anderem damit, dass zuvor noch die Ergebnisse der Schäfer-Kommission eingearbeitet werden sollten.
Auch Kerstin Köditz (Linke) warf Ulbig vor, er flüchte sich beim Thema in Unverbindlichkeiten. „Aufklärung wieder einmal Fehlanzeige", meinte sie. Das betreffe nicht zuletzt mehrere Telefonate am 4. November 2011. Damals hatte die Rechtsterroristin Beate Zschäpe gerade das Wohnhaus in Zwickau in die Luft gesprengt, was die Affäre ins Rollen brachte. Laut Köditz ist diese kurz danach von zwei unterschiedlichen Handys, aus angerufen worden, beide registriert beim Innenministeri-
um.
Jürgen Kochinke