Agenturen, dapd, 16:02 Uhr, 19.07.2012
Gericht rügt Regierung wegen unzureichender Antwort auf Anfrage - Abgeordnete erringen Erfolg beim Verfassungsgerichtshof
Leipzig (dapd-lsc). Der sächsische Verfassungsgerichtshof hat die Landesregierung wegen einer unzureichenden Antwort auf eine Abgeordnetenanfrage gerügt. Es reiche nicht aus, wenn die Regierung eine Antwort pauschal mit Hinweis auf vermeintliche Geheimschutzbelange verweigere, heißt es in einem am Donnerstag in Leipzig verkündeten Urteil. Den Abgeordneten müsse zumindest begründet werden, in welcher Weise der Geheimschutz bei der Beantwortung ihrer Anfrage verletzt werden würde.
Geklagt hatten die Abgeordneten Julia Bonk (Linke) und Johannes Lichdi (Grüne), weil die Regierung ihnen nach einer Kleinen Anfrage im Parlament die Einsicht in die Anordnung zur Einrichtung der Polizeidatenbank 'Integrierte Vorgangsbearbeitung' (IVO) verweigerte. Die Landesregierung hatte mitgeteilt, die Anordnung sei nicht veröffentlicht worden, um Einblicke in die Arbeitsweise der Polizei zu verhindern. Durch diese pauschale Nichtbeantwortung habe die Landesregierung die Abgeordneten in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Frage- und Auskunftsrecht verletzt, urteilten die Richter.
Kein Anspruch auf Aktenvorlage
Eine Anrecht auf unmittelbare Vorlage von Akten oder Dokumenten könnten die Abgeordneten aus ihrem Fragerecht hingegen nicht ableiten, erklärten die Richter weiter. Bei verfassungsgemäßer Auslegung der parlamentarischen Anfrage hätte die Regierung aber erkennen müssen, dass die Fragesteller möglichst viel über den Inhalt der Anordnung wissen wollten. Sie hätte deshalb die Frage durch wörtliche Zitate oder sinngemäße Zusammenfassungen daraus beantworten können.
Lichdi bezeichnete den Spruch der Richter als einen «Sieg auf ganzer Linie». Der Regierung sei deutlich gemacht worden, dass sie Abgeordnete bei Anfragen nicht einfach auflaufen lassen könne. Nun werde die Anfrage zur IVO neu gestartet.
In der IVO-Datenbank werden den Klägern zufolge alle Vorgänge gespeichert, die der Polizei bekannt werden. Dabei würden neben Verdächtigen auch Zeugen und Opfer von Straftaten erfasst. Darüber hinaus seien auch Daten über Teilnehmer von Demonstrationen dort registriert. Derzeit seien rund 7,5 Millionen Datensätze erfasst.
(Aktenzeichen beim Sächsischen Verfassungsgerichtshof: Vf. 102-I-11)
Von Jörg Aberger
dapd/T2012062051380/abj/kos
191602 Jul 12